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Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

16. September 2007

Erfahrungen, die man gemacht haben muss…

Filed under: My Life — 42317 @ 21:13

… auf die man allerdings gerne verzichten kann.

Um etwa 1630 hatte ich heute am Busbahnhof eine unangenehme Begegnung mit einem aggressiven Mitbürger scheinbar russischer Ethnizität. Der machte schon von sich hören, bevor man ihn sah, denn ich habe zwei Autos von Richtung Bahnbrücke hupen hören, bevor ich ihn über die Straße wanken sah. Zu meinem Bedauern genau auf Melanie und mich zu.

Dann blieb er exakt vor mir stehen, etwa so nah wie für ein sehr vertrauliches Gespräch und fragte mich dann mit lallender Stimme, ob ich Deutscher sei, was ich bejahte, worauf er mir zwei relativ lockere Schläge in den Bauch verpasste (relativ zu meinem Befinden). Ich sah keinen Grund, mich darüber groß aufzuregen, Leute, die betrunken oder anderweitig berauscht sind, machen halt Scheiß und Schmerzen hatte er mir ja keine bereitet. Ich sagte ihm also in einem versöhnlichen Ton, dass er doch nach Hause gehen und schlafen solle.

Ich weiß nicht mehr, was er dann genau sagte, ich erinnere mich noch an “Ich soll nach Hause gehen?” Auf eine weitere Misshandlung meiner Bauchdecke gefasst, hatte ich dann bei seiner folgenden Bewegung die Deckung an der falschen Stelle und er verpasste mir mit voller Wucht einen Schlag auf den Unterkiefer. Möglicherweise war es auch keine volle Wucht oder ich bin einfach nur stabil, jedenfalls brachte mich das nicht aus dem Gleichgewicht. Dann erging er sich in allen möglichen Beleidigungen. Ich schickte Melanie weg und gab ihr mein Telefon, damit sie die Polizei ruft. Es war offensichtlich, dass er nicht einfach nur jemandem auf’s Maul hauen wollte, er wollte sich voll und ganz prügeln.
Da hatte ich aber ganz und gar keine Böcke drauf und hielt ihn auf Distanz, indem ich ihm einen Faustschlag am Hals verpasste, musste aber vorher noch einen weiteren Schwinger einstecken, der meine Brille auf den Boden beförderte. Ich brauche sie auf diese Distanz nicht und sie ist unbeschädigt geblieben – anders als meine Armbanduhr, die scheinbar beim Blocken eines Schlages wieder mal ihren Haltestift eingebüßt hat.
Wirklich schade, dass ich bei der Gelegenheit nicht seinen Kehlkopf getroffen habe.

Nebenher verbrüderte er sich scheinbar mit einer Gruppe Jugendlicher ebenfalls ausländischer Herkunft, indem er ihnen zurief, ich wolle “Hitler wieder haben”. Die Jugendlichen hielten sich zwar physisch raus, hatten aber scheinbar ihren Spaß an der Einlage. “Hey, ‘ne DragonBall Runde!” sagte einer aus dem Hintergrund. Ein Schwarzer in einem weißen Hemd redete jedoch auf ihn ein, sich zu beruhigen und den Scheiß zu lassen, dass sollte man anerkennen. Geradezu belustigt sah ich dann mit an, wie er auch zweien der Jugendlichen Schläge verpasste, wenn auch keine festen, wohl aber fest genug, um sich deren Sympathien zu verscherzen.

Nach zwei oder drei äußerst kurzen Minuten war die Polizei dann da und kassierte den sich wild wehrenden Trottel ein. Melanie, ein paar Bystander und ich machten kurze Aussagen, ein Busfahrer bot sich als Zeuge an und gab mir eine Notiz mit seinem Namen, da er losfahren musste, und schließlich wurden von meinem kleinen Lippenschaschlik noch Fotos gemacht. Die Polizisten rieten mir, ins Krankenhaus zu gehen und mich für die Beweisaufnahme ärztlich untersuchen zu lassen. Sandra war so nett, mich ins Brüderkrankenhaus zu fahren, wo ich nach einer Wartezeit von etwa 15 Minuten zwei Minuten lang untersucht wurde: Meine Unterlippe ist geplatzt, mein Kinn geprellt und die Sehnen meines Unterkiefers künden von der Verformung, die sie erfahren haben. Aber nichts ernstes. In den kommenden Tagen soll ich Post von der Polizeidienststelle erhalten, in der man mich zur offiziellen Aussage vorladen wird (und Melanie ebenso). Dann gibt’s Anklagen wegen Körperverletzung und Beleidigung (und Widerstand gegen die Festnahme).

Mein alter Freund Kai wird mir wohl die gleiche Frage stellen, wie der Busfahrer:
“Warum hast Du den nicht umgehauen?”
Ich werde wohl bei der Antwort bleiben: “Ist nicht mein Ding.”
Wie soll ich das erklären? Auch ein Schlag ins Gesicht hat nicht ausgereicht, um mich in einen Zustand zu versetzen, in dem ich jemanden “umhauen” möchte. Vielleicht wäre das anders gelaufen, wenn seine Provokationen in Form von Beleidigung Melanies körperlich geworden wäre, ich kann es nicht sagen.
Ich habe die Schmerzen auch erst nachher gespürt, obwohl ich mehrere kleine Ladungen Blut auf den Boden gespuckt habe, und es bleibt festzustellen, dass ich die ganze Zeit über einen ruhigen und klaren Kopf bewahrt habe. Ich habe dabei keine Angst verspürt, nur die gesteigerte Wahrnehmung durch das Adrenalin (und dass angespannte Gefühl, das es mit sich bringt).

Mir scheint, es ist wirklich schwer, mich zu provozieren. Das ist einerseits ganz gut, andererseits kann es mich in solchen Situationen eben doch etwas Blut kosten. Ich hoffe allerdings, dass dies das letzte Mal gewesen ist, dass ich sowas erleben musste.

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