Wieder ein lustiges Experiment am Johanniterufer am Laufen.
Auf dem Tisch steht eine Holzkiste, deren Wände einzeln herausnehmbar sind. In der Holzkiste befindet sich das Modell eines Zimmers. An den Wänden sind eine Uhr, ein Fenster, ein Bild und eine Tür aufgemalt. In der Ecke zwischen Bild und Uhr steht ein Stuhl, in der Mitte befindet sich ein Tisch. Auf dem Tisch ein Blumentopf und vier Plastikkarten. Auf drei Plastikkarten steht “Niete” und auf einem “Gewinn”.
Man bekommt erst den Raum gezeigt, dann hält man sich die Augen zu, während das Setting leicht verändert wird, und wählt eine Karte, bis man mehrfach hintereinander den “Gewinn” gezogen hat.
Ich gebe zu, dass ich ziemlich blind gewesen bin. Es ist mir in den ersten paar Durchgängen völlig entgangen, dass der Raum jeweils von einer anderen Wand aus gezeigt wurde, weil ich so auf die Karten konzentriert war. Ich bin davon ausgegangen, dass die Reihenfolge der Karten jeweils gemischt würde, aber das war wohl nicht der Fall.
Irgendwann merkte ich anhand des Blumenpotts, dass es in der Tat der Raum war, der gedreht wurde, und nicht die Karten. In der Runde zog ich dann eher zufällig den “Gewinn”. Die entsprechende Karte lag direkt neben dem Blumentopf. In der kommenden Runde stand der Blumentopf anders auf dem Tisch – aber die Relation des Stuhls zu den Wanddarstellungen war die gleiche und sie blieb auch immer gleich, ebenso blieb die räumliche Relation von “Gewinn” Karte und den Wänden gleich.
Nachdem ich dann dreimal in Folge des “Gewinn” gezogen hatte, ging das Experiment in die nächste Phase. Ich sollte erst einen Fragebogen zum aktuellen Befinden ausfüllen. Dann wurde mal wieder ein EKG angelegt, Speichelproben gesammelt und mein Blutdruck gemessen.
Dann wurde ich aufgefordert, meine rechte Hand in Eiswasser zu legen. Da schwammen noch Eiswürfel drin. Es war ganz hässlich kalt. In der zuvor gereichten Beschreibung stand zu lesen, dass man die körperliche Reaktion auf die dadurch entstehende “moderate Schmerzempfindung” testen wolle. Gut, ich weiß ja, dass Psychologen in solchen Dingen nie die Wahrheit sagen, wenn es um die wahren Ziele ihrer Experimente geht, aber “moderat” war die Schmerzempfindung meines Erachtens schon nicht mehr. Die Kälteempfindung tritt nach ca. 20 Sekunden deutlich spürbar ein und der Schmerz nimmt in der kommenden Minute stetig zu. Ich war dauernd kurz davor, die Hand aus dem Wasser zu ziehen.
Ich musste mich allerdings an zwei Szenen erinnern, von denen ich eine bereits mehrfach auf Video gesehen hatte: “Die Angst ist der kleine Tod!” 🙂
Mein zweiter Gedanke galt den Warhammer 40k Romanen: Es gibt eine Stelle, an der der Held der Reihe seine Willenskraft testet und unter Beweis stellt, indem er seine Hand in Säure taucht, bis das Fleisch komplett abgelöst ist. Dann graviert er in Seelenruhe seine Fingerknochen und lässt sich dann neues Fleisch anlegen. Im 40. Jahrtausend geht das halt.
Nach etwa 90 Sekunden nahm der Schmerz aber nicht mehr weiter zu, sondern blieb konstant, das heißt, man konnte sich daran gewöhnen. Das machte die Sache wesentlich leichter.
Während des “Handbades” wurde mein EKG aufgezeichnet, mein Blutdruck elektronisch festgehalten – und meine Mimik auf Band aufgenommen. Viel dürfte es allerdings nicht zu sehen geben. Nur wegen der Absurdität der oben genannten Gedanken wäre ich beinahe in schallendes Gelächter ausgebrochen. Das hätte den Evaluatoren sicherlich zu denken gegeben und sie hätten es für eine Reaktion auf den Anstieg von Stresshormonen gehalten. Aber ich glaube, ansonsten hat nur mein linkes Auge dann und wann gezuckt, bis man mir nach drei Minuten sagte, ich könne die Hand wieder aus dem Wasser nehmen.
Die Versuchsleiterin sagte, dass vor allem Frauen ihre Hand nicht lange im Eiswasser lassen könnten, was mich wunderte, denn immerhin vollbringen Frauen die Heldentat des Kindergebärens. Sie erklärt das mit hormonellen Veränderungen im weiblichen Körper im Laufe der Schwangerschaft, aber ich möchte eher vermuten, dass das männliche Durchhaltevermögen auf den Stolz der Versuchsteilnehmer zurückzuführen ist.
Nach dieser kleinen Tortur soll ich erneut einen Fragebogen nach meinem Befinden ausfüllen. Ich stelle beim Ausfüllen selber fest, dass ich mich aufgedrehter, wacher und aufmerksamer fühle, als vor dem “Bad”.
Die letzte Übung ist eine Reihe von Begriffen, die ich danach bewerten soll, wo der Begriff für mich irgendwo zwischen “sehr positiv” und “sehr negativ” anzusiedeln ist. Da waren Dinge wie “Freiheit” und “Liebe” dabei, auch fiese Begriffe wie “Mörder” und “Inzest”, aber auch völlig neutrale Wörter wie “Kachel”, “Tasse”, “Treppe” oder “Linie”. Gut, wegen des in Calw üblichen Jargons hat der Begriff “Kachel” für mich eine sehr positive Konnotation, obwohl man damit etwas ausdrückte, was man normalerweise “einen Deppen” nennt.
Dann wurde ich zum Zeitunglesen geschickt, für eine Stunde. Währenddessen waren noch vier Speichelproben abzugeben. Nach dieser Stunde sollte ich dann die Begriffe aufschreiben, an die ich mich noch erinnern konnte. Immerhin zwölf von achtzehn.
Ha, und das alles war bereits gestern!
Heute morgen war ich nochmal für zwanzig Minuten im Labor, aber alles, was ich zu tun hatte, war mich an die Position der “Gewinn” Karte zu erinnern und an noch einmal möglichst viele Begriffe aus der gestrigen Liste (immer noch elf von achtzehn). Zudem wurde mir eine verlängerte Liste präsentiert, auf der die gestrigen Begriffe alle zu finden waren zuzüglich einer Reihe weiterer Wörter, und ich sollte sagen, welches “alte” Wörter waren und welche erst heute dazu gekommen sind.
Ich bin ziemlich sicher, die meisten Begriffe richtig zugeordnet zu haben, aber meine diesbezüglichen Fragen durften im Rahmen der noch laufenden Untersuchung nicht beantwortet werden. Man teilte mir nur mit, dass an alle Teilnehmer, die das wünschten, eine Rundmail mit den Hintergründen und den Ergebnissen versendet würde.
Dann bin ich mal gespannt.