Code Alpha

Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

10. Juni 2007

Der Frequenzmodulator

Filed under: My Life — 42317 @ 12:46

Letzlich saß ich im Bus in die Stadt und pfiff leise vor mich hin, wie ich das in solchen Momenten zu tun pflege. Es war wohl “We believe you” von Shinohara Emi, vielleicht auch “Moon Revenge” von allen fünfen, aber wie dem auch sei: Neben mir saß ein furchtbar nach Tabak riechender Herr um die 50, der mich nach einiger Zeit ansprach und fragte:

“Verzeihen Sie, haben Sie ein Handy dabei?”
Ich hatte es dabei, sah aber keinen Grund, das auch so anzugeben und sagte, ich hätte es zuhause gelassen.
“Aber hier klingelt soch ein Handy irgendwo… hören Sie das nicht?”
Er klang keineswegs wie jemand, der sich gestört fühlte, und es dämmerte mir, was er meinte.
“Ja,” sagte ich also belustigt, “ich höre das auch.” Er sah sich irritiert um.
“Das liegt aber daran, dass ich die Töne selber mache.”
“Wie?” fragte er und sah mich an, als habe ich ihm mitgeteilt, seine Mutter sei in einen Hamster verwandelt worden.
“Mit den Lippen. Man nennt das Pfeifen.” Ich machte mich über ihn lustig, aber das schien er nicht zu merken oder zu übergehen. Mein Magen wünschte sich jedenfalls, dass er bald ausstieg.
“Können Sie das nochmal machen?”
Ich machte es ihm vor, mit der gleichen Melodie.
“Ist ja unglaublich… so leise und trotzdem so genau… ich habe >Für Elise< auch immer sehr gemocht.”
Für Elise? Das mag ich zwar auch, dass ich das aber nicht intoniert hatte, erzählte ich ihm allerdings nicht. Nur jetzt, wo er’s sagte, fielen mir kleine Gemeinsamkeiten in den Tonfolgen auf, die wohl zu Verwechslungen führen können, wenn man auf ein klassisches Muster fixiert ist. Aber auch nur dann…
“Ich mache das seit über zwanzig Jahren. Ich habe Übung.”

An der Stelle bogen wir in den “Feldweg” ab, der von der Bahnbrücke zum Hauptbahnhof führt, und da fing er an, selbst zu erzählen, wie er in seiner Studentenzeit in den Siebzigern mit ein paar Freunden musizierend durch die Kneipen gezogen war, und andere Dinge im gleichen Kontext, auf die ich nicht weiter eingehen muss.
Fakt war jedenfalls, dass er nur eine Haltestelle vor mir ausstieg, und dass ich das dringende Bedürfnis nach frischer Luft verspürte. Aber abgesehen von meinem körperlichen Unbehagen kam ich mir seelisch-moralisch doch gestärkt vor. Ein Talent, mit dem man Geld verdienen kann, muss ich jedenfalls erst noch entdecken. 🙂

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