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Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

7. April 2024

Mittwoch, 07.04.2004 – Körperliche Ertüchtigung

Filed under: Filme,Japan,My Life,Sport,Uni — 42317 @ 7:00

Am Morgen trage ich mich im Center in die entsprechende Liste ein, um mich für den Placement Text anzumelden. Ich müsste das eigentlich nicht tun, aber ich bin neugierig, obwohl ich nicht damit rechne, eine Stufe zu steigen – ich habe die Ferien über mit Hochdruck an meinem Newsletter gearbeitet und die Freiheit genossen, mal wieder Romane zu lesen, die absolut nichts mit meinem Studium zu tun haben. Und ich habe das sehr genossen!
Als nächstes sehe ich auf einem der Rechner ein aufgeklebtes Hinweisschild, dass der Computer am 09. April gelöscht und neu installiert werde. Das ist doch was. Oh, aber es ist der Rechner, auf dem sich meine Fotos befinden, und der Neunte ist bereits übermorgen. Ich schreibe Misi sofort eine kurze Mail, in der ich ihn bitte, mir zur Rettung meiner Fotos seinen Memorystick zu leihen, und das so schnell wie überhaupt möglich.

Von Frank ist noch immer keine Post da, also gehe ich in den Computerraum und schreibe zwei Berichte, bis ich eine Antwort von Misi erhalte. Ich könne ihn den ganzen Tag über in der Bibliothek oder im Center antreffen. Ich schreibe den zweiten Bericht also fertig und mache mich auf den Weg ins Center, aber ich treffe ihn bereits an der Tür, und Melanie gleich dazu, die zufällig zur gleichen Zeit eingetroffen ist. Ich bekomme den Memorystick und verlege ins Center. Misi geht mit und erzählt mir auf dem Weg, dass es an der Universität hier einen kostenlos nutzbaren Fitnessraum gebe. Er wolle sich am Abend dort mit Irena und Alex treffen, der wieder aus Rumänien zurückgekehrt sei. Alex war es auch, der ihn auf die Möglichkeit hingewiesen hat. Ich bin interessiert. Dann solle ich ihn um 18:00 vor der Mensa treffen – aus der gegebenen Beschreibung kann ich die richtige Turnhalle nämlich nicht erkennen, weil die Turnhallen alle gleich aussehen. Anstatt mir das Gebäude zu beschreiben, hätte er vielleicht den Weg dorthin in seine Erläuterungen mit einbeziehen können.

Aber erst muss ich meine Daten von diesem ewig langsamen Rechner retten. Das Übertragen von Misis Daten auf den Computer dauert etwa sieben Minuten, das Löschen des Speichers nimmt etwa zwei Minuten in Anspruch, und dann sind für die Übertragung meiner Fotos auf den Speicher noch einmal sieben Minuten fällig. Es dauert… meine Daten müssen ja noch auf den anderen Rechner, der Speicher muss wieder gelöscht werden, um Platz für Misis temporär ausgelagerte Dateien zu machen, die ebenfalls wieder rauf müssen.

Ich bemerke eine Menge neuer Gesichter im Center, und die meisten davon sind asiatisch. Der Sprache nach zu urteilen, habe ich sieben oder acht neue Chinesen und vielleicht eine Koreanerin vor der Nase sitzen. Es sind auch zwei „westliche“ Menschen dabei – männlich und weiblich. Er sitzt an einem der Rechner und will eines der Chatprogramme zum Laufen kriegen, aber er hat ein Problem. Also kommt er damit zu mir, weil ich der einzige bin, der ihm nicht das Gefühl gibt, Japanisch sprechen zu müssen. Er fragt mich, ob ich des Englischen mächtig sei, und er spricht mit einem auffälligen amerikanischen Akzent. Er ist einen Kopf kleiner als ich… eher noch kleiner. Er will wissen, wie man die Tastatureingabe der Computer von Japanisch auf Englisch umschaltet, und ich zeige es ihm. Ich verzichte darauf, weitere Fragen zu stellen. Erstens will er ja chatten und zweitens bin ich selbst beschäftigt. Ich übertrage meine Bilder auf einen der Windows 98 Rechner. Das bedeutet, ich kann meine Bilder wirklich nur zwischenlagern, bis ich die Gelegenheit erhalte, sie auf einen XP-Rechner zu übertragen, weil die Windows 98 Rechner den nötigen Treiber für meine Kamera nicht haben und auch nicht akzeptieren. Also abwarten.

Danach gehe ich nach langer Zeit wieder in die Bibliothek. Die Stühle im Physikgebäude sind mir zu unbequem, und da Frank noch nicht geantwortet hat, besteht auch kein Anlass, einen „diskreten“ Computer zu verwenden. Ich schreibe zwei weitere Berichte und ein paar Einträge ins Forum.

Um 17:50 gehe ich zur Mensa. Ich will nicht mit nüchternem Magen Sport treiben und kaufe mir ein Reisbällchen. Und es wird das letzte sein, das ich hier kaufe. Die Dinger bröseln mir immer auseinander, sobald ich hineinbeiße.

Misi trifft um kurz nach Sechs ein, Irena zwei Minuten später. Wir gehen zu der fraglichen Sporthalle und treffen Alex. Da man im Inneren nur Turnschuhe tragen darf und ich keine besitze, leihe ich mir welche aus den Schuhfächern am Eingang.
Der Fitnessraum an sich sieht eigentlich schäbig aus. Die Geräte sind alt und zum Teil kaputt oder unbenutzbar. Eines kann ich hinbiegen, indem ich das Zugseil aus seiner Verklemmung befreie und wieder über die Laufrolle lege. Ich probiere alles mal aus und drehe dann eine Runde durch den Raum und dann noch eine, und dann ist es auch schon sieben Uhr. Irena hat sich um 18:30 bereits verabschiedet, der Raum ist ihr wohl zu männlich, und ich gebe ihr vollkommen Recht. Da ich allerdings selbst männlich bin, macht mir das weniger aus. Und wieder einmal erhalte ich die Gelegenheit, mit einem Japaner zu reden. Es handelt sich um einen der Fußballspieler, die gerade Training haben, in der Halle nebenan. Im Großen und Ganzen beantworte ich seine Fragen, ohne wirklich viel zu sagen.

Um kurz nach Sieben verlasse ich den Raum mit Misi und Alex, aber wir biegen in die Sporthalle ab, weil wir im Vorbeigehen ein Volleyball-Team erspähen – ein weibliches natürlich. Wir steigen also zur Empore der Halle hoch, wo gewöhnlich die TaeKwonDo Clubs trainieren und auch ein paar Tischtennisplatten herumstehen. Wir bearbeiten erst den Sandsack ein bisschen und leihen uns dann von den anwesenden, aber reichlich inaktiven Spielern zwei Schläger, um etwas Ping Pong zu spielen. Natürlich bin ich schlecht wie eh und je… ich würde lieber mal wieder Badminton spielen. Zwischendurch sehen wir den Volleyballerinnen beim Training zu. Einen Trainer gibt es nicht, man arbeitet nach dem Senioritätsprinzip – erfahrene Spielerinnen leiten die neuen an. Auffällig ist ebenfalls, dass jungen Damen alle ausnahmslos groß sind. Im Schnitt etwa 170 cm würde ich schätzen, plus/minus zehn Zentimeter, und das liegt deutlich über der von mir täglich beobachteten Durchschnittsgröße.[1]
Um 20:15 gehen wir dann endgültig. Misi und Alex wollen sich eine der Unterhaltungs-Sport-Sendungen ansehen, aber ich will nach Hause. Ich bin hungrig und das nicht zu knapp.

Ich sehe mir mit Melanie dann „Zatôichi“ an, mit Kitano „Beat“ Takeshi in der Hauptrolle. Er spielt einen anscheinend blinden Schwertkämpfer gegen Ende der Edo-Zeit (ein Revolver wird gezeigt, daher die Schätzung), der unter einem Yakuza-Clan aufräumt. Sehr blutig. Leider sind alle Bluteffekte am Computer gebastelt worden – und das würde noch nicht einmal auffallen, wenn die Schwertklingen in den durchbohrten Leibern der Gegner nicht eine solche Bewegungsfreiheit hätten. Hin und wieder gibt es auch Musikeinlagen, die überhaupt nicht in das Setting passen wollen – wie zum Beispiel die Stepptanznummer am Schluss, die den Charakter eines Musicals aufweist. Für sich allein ist das jedoch eine sehr interessante Nummer. Insgesamt handelt es sich um einen ansprechenden Film, der nicht nur Takeshi Fans gefallen dürfte. Wie es scheint, handelt es sich dabei um das Remake eines Schwarzweißfilms.


[1] Eine der Spielerinnen war eine Handbreit größer als ich. Leider gibt es kein Foto.