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Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

21. Februar 2024

Freitag, 20.02.2004 – Die Rückkehr des Kinos

Filed under: Filme,Japan,My Life — 42317 @ 9:09

Um 08:45 werden wir abrupt von einem Eisblock geweckt, der vom Dach auf den Balkon fällt und dabei auch gleich einen der Plastik-Ziegel mitgerissen hat. Dann kann ich auch gleich aufstehen. Die anderen dösen weiter bis etwa 10:30.

Die Frage, die sich stellt, ist, ob Ronald und meine Wenigkeit nach unseren Mails sehen oder ob wir alle gemeinsam den zweiten Teil des „Herrn der Ringe“ ansehen sollen, um uns auf den Kinobesuch heute Abend einzustimmen. Beides geht nicht, dafür ist die Zeit zu knapp. Wir entscheiden uns für den Film. Ich bringe also den ersten Teil in die Videothek zurück und sehe mich umständlich nach dem zweiten Teil, „Die Zwei Türme“, um. Auf Grund der für mich nicht nachvollziehbaren Ordnung in der Videothek findet man den Film nämlich auf drei verschiedenen Regalen; ich glaube, bei „Fantasy“, unter „Ausländische Filme“, und bei den „beliebtesten Filmen“. Jahaa… der zweite Teil ist komplett ausgeliehen. Es wollen noch mehr Leute den zweiten Film sehen, bevor sie ins Kino gehen und den dritten ansehen.

Dann wird der Plan einfach umgekrempelt und ich gehe mit Ronald ins Center. Melanie und Ricci schauen sich derweil „Princess Tutu“ an. Es heißt, die Serie sei gut. Ronald ist natürlich wesentlich schneller fertig als ich und geht gegen 14:00 wieder zurück nach Nakano, während ich bis 15:45 bleibe und zu Fuß, eine Packung Toastbrot kauend, zum Ito Yôukadô gehe, um den Preis für den Bus zum Busbahnhof zu sparen. Das heißt, ich habe das Geld für den Bus ja eigentlich gerade verfuttert. Am Ito Yôkadô treffen wir uns dann also wieder und wir steigen um 16:20 in den Bus in Richtung „Sakurano“, das ist das Kaufhaus im Westen der Stadt, in dessen Umgebung sich das Kino befindet. Die anderen drei wollen im Sakurano noch ein paar Sachen kaufen (was normale Kinobesucher halt so brauchen). Wir kommen dadurch sehr pünktlich zur Vorstellung.

Und „Die Rückkehr des Königs“ ist ein wirklich gewaltiger Film, der sich in meiner DVD Sammlung gut machen wird. Ich persönlich empfehle ihn uneingeschränkt jedem, der dem Fantasy-Genre entfernt etwas abgewinnen kann. Natürlich hat der Film Punkte, bei denen ich mich am Hinterkopf kratzen musste. Nein, ich meine nicht die Szene, in der der Truchsess von Gondor einen herben Schlag auf den Kopf erhält, damit er mit seiner Aufforderung „Rette sich, wer kann!“ nicht weiter die Moral der Belagerten untergräbt. Ich meine z.B. diese an sich wirklich beeindruckend aussehenden Leuchtfeuer auf den Bergen, die, eines nach dem anderen, angezündet werden, um die Nachricht weiterzuleiten, dass Minas Thirit in Gefahr ist. Aber wie soll ich mir das vorstellen? Ich denke zwangsläufig an den Witz von Mittermeier, ob da die ganze Zeit einer am Flughafen sitze, der „vergesslichen“ Leuten noch kurz vor dem Abflug ihre Traveller-Schecks in die Hand drückt. So geht es mir mit diesen Feuern – nur extremer. Sitzen da jahraus, jahrein Leute auf den unwirtlichen, verschneiten Bergspitzen in ihren steinernen Behelfshütten und warten darauf, dass da unten in Gondor endlich die Kuh fliegt (wenn ich das mal so nennen darf)? Mal angenommen, diese Leuchtpositionen sind tatsächlich immer besetzt:

Wie schafft man Verpflegung zu den Leuten hoch?
Wo wird die Verpflegung gelagert?
Und die brauchen auch Brennholz, und zwar das ganze Jahr über – wo lagern die das Brennholz? Bestimmt nicht in dieser zeltgroßen Unterkunft!
Wie werden diese riesigen Holzstapel, die binnen Sekunden brennen wie ein ganzes Tanklager, trocken gehalten? Wie kommt man zu einem solchen Job? Strafversetzung? Da oben ist es langweilig ohne Ende.
Die Nachschubkarawane muss ein reines Himmelfahrtskommando sein, bedenkt man den möglichen technischen Standard der Bergsteiger von Tolkiens Welt. Wie viele Menschenleben werden eigentlich regelmäßig geopfert, um diese einsamen Posten zu versorgen?

Nicht zuletzt fand ich den „Flakscheinwerfer“ auf Barad Dûr sehr lustig. Ich habe durchaus begriffen, dass das Auge Saurons überall hinsehen kann – ich brauche den Lichtkegel nicht zur Unterstützung meiner Vorstellungskraft. Oder ist das ein Geschenk an Leute ohne Vorstellungskraft? Aber diese übergroße Taschenlampe fand ich, gelinde gesagt, überaus dämlich.
Und die beiden Über-Hobbits… die leiden so richtig schön gemeinsam. Es fehlt wirklich nur noch, dass sie sich ihre Liebe gestehen und sich dezent hinter einen Busch oder Felsen zurückziehen. Aber diese leidenden Blicke, mit denen sie sich ansehen und Sams hingebungsvolle Worte…

Bemerkenswert war auch, dass ein paar Reihen hinter uns nach 15 Minuten bereits ein lautes Schnarchen zu hören war. So langweilig ist der Auftakt dann doch nicht. Ja, ja… und als dann am Ende das Schiff davonsegelte, haben die beiden Mädchen in der Reihe vor uns hörbar geheult. Es sei ihnen gegönnt, sie waren wahrscheinlich nicht die einzigen im Saal. Mich hat die große Schlacht an sich viel mehr bewegt als sterbende Protagonisten oder davonsegelnde Helden. Dieser Film zeigt die schönste Darstellung von Niederreiten seit dem misslungenen Versuch in „Braveheart“, und erst jetzt weiß ich, was mir da entgangen ist.

Wir verlassen das Kino um 20:45. Laut Fahrplan fährt der letzte Bus um 20:25, aber Gerüchten zu Folge soll um 20:55 noch einer fahren. Diese Gerüchte sind allerdings eine Ente. Und ich muss mich fragen, welcher Idiot für diese Fahrtenplanung verantwortlich ist, weil die meisten Leute wohl nach 20:25 aus dem Kino kommen. Aber vielleicht handelt es sich auch um ein stilles Abkommen mit den Taxiunternehmen. Deren Wagen stehen nämlich in nicht geringer Zahl vor dem Kaufhaus in der Nähe der Haltestelle. Wir nehmen also ein Taxi und lassen uns zum „Skylark Gusto“, gegenüber vom Daiei, fahren, um was zu essen.
Ich esse eine sogenannte „Familienpizza“, die möglicherweise für eine vierköpfige Familie von Pygmäen oder für ein wenig hungriges japanisches Ehepaar mit Kleinkind reicht, aber nicht für einen hungrigen Dominik. Die Pizza ist reichlich mit Käse belegt und sie schmeckt gut, das ist ein Vorteil, aber sie hat nur 25 cm Durchmesser. Ich glaube, das geht in Deutschland als eine größere Kinderportion durch. Immerhin reicht mein Bauchgefühl hinterher sehr nahe an „Sättigung“ heran.

Um 23:00 sind wir wieder zuhause und Ricci legt sich auch sehr bald hin. Wir anderen unterhalten uns noch bis gegen zwei Uhr morgens.

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