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Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

17. Januar 2024

Samstag, 17.01.2004 – Spaziergang

Filed under: Japan,Musik,My Life,Uni — 42317 @ 7:00

Strahlend blauer Himmel und frühlingshafte Temperaturen – was bedeutet das? Ich erlebe gerade die siebte Schneeschmelze seit Dezember letzten Jahres. Das Tropfwasser von den Dächern kann man schon in Litern pro Minute messen, der Schnee auf dem Bürgersteig ist so aufgeweicht, dass man nur noch an schattigen Stellen in Gefahr läuft, auszurutschen, und auf der Fahrbahn ist bestenfalls noch Schneematsch zu finden. Winter in Hirosaki kommt mir vor wie mancher April in Deutschland. Aber darüber habe ich mich ja bereits ausgelassen. Und mein Ölhändler hat mir bereits mitgeteilt, dass der schneereichste Monat immer noch der Februar sei. Danach gehe es beständig bergauf. Im Februar, soso… also genau dann, wenn Ricci und Ronald hier antanzen wollen. Ich glaube, aus Melanies „Kultour-Planungen“ wird nicht viel, wenn das eintritt, was man mir erzählt. Andererseits ist von all dem anderen Zeug, das man mir erzählt hat, auch nicht viel eingetreten.

Ich würde liebend gerne etwas brauchbares über die heutige SailorMoon Episode sagen, aber leider gibt es nicht viel darüber zu sagen. Es handelt sich um eine Leerlaufepisode ohne viel Handlung, und die bedeutendste Handlung dürfte sein, dass Minako bis auf weiteres die Stadt verlässt und meint: „Die schaffen das schon“. Wirklich, da war nicht mehr, was ich für erwähnenswert halten würde. Auf Genvid.com kann man Zusammenfassungen in englischer Sprache lesen, wenn man das möchte.

In der Bibliothek werden heute die Computer gewartet und sind dem Publikumsverkehr nicht zugänglich, also keine Berichte heute. Stattdessen immer noch „Oberschülerausstellung“ in der Mensa. Die Kôkôsei bevölkern noch immer zu Hunderten den Campus, die Mensa wurde mit einem „Welcome“ Schild verziert. Ich mache zwei Fotos von der Masse. Und eigentlich könnte ich bei der Gelegenheit auch was essen. Angeblich sind die Ramen hier nicht schlecht. Und wo ich schon mal da bin, könnte ich auch mal damit anfangen, die Vokabeln für die Abschlussklausur zu lernen.
Der Organisationsgrad in der Mensa ist mal wieder ein klassischer Fall japanischer Ordnung. Auf den Tischen stehen Pappschilder mit den Namen der Schulen. Als ob es zu Schlägereien kommen würde, wenn Leute von verschiedenen Schulen am selben Tisch sitzen. Dabei setzen sich Leute, die sich kennen, ganz automatisch zusammen, auch ohne Hinweisschild, und eine Masse von identischen Uniformen wirkt doch geradezu magnetisch auf andere, die die gleiche tragen. Zumindest denke ich das.
Ich esse meine (recht gute) Nudelsuppe und überprüfe Einträge in meinem Notizbuch auf ihre Aktualität. Und zuletzt bediene ich mich noch großzügig aus einer Obstkiste, die offenbar zur freien Verfügung auf einem der Tische rumsteht.

Ich bewege mich wieder in Richtung Heimat, aber am „Circle K“ fasse ich den Plan, in Richtung Westen weiterzugehen (also „nach links abzubiegen“), um den nächsten Daily Yamazaki Konbini aufzusuchen. Das Wetter ist gut und ich bin in Laune für einen Spaziergang. In Tokyo gab es im Daily Yamazaki kleine Modelle von deutschen Panzern aus dem Zweiten Weltkrieg zu kaufen, also warum nicht auch hier?

Der gesuchte 24h-Markt liegt dann aber doch weiter weg, als ich dachte, und das gesuchte Spielzeug finde ich auch nicht. Na hurra. Jetzt kann ich auch noch die letzten 500 m bis zum Book Off gehen. Dort kaufe ich dann zwei weitere Storyboard Bücher von „Shin Seiki Evangelion“, Band 4 und 5, die jeweils einige Episoden aus der TV Serie abdecken. Band 5 beinhaltet die letzten vier oder fünf Episoden. Die Bücher kosten jeweils etwa 7,50 E. Das erste davon, mit Bleistiftskizzen der Filme, habe ich für 40 E verkauft. Warum sollte ich also die hier nicht für 20 E oder mehr loswerden? Außerdem lachen mich ein paar CDs an. Ich kaufe „Punch the Monkey“, eine Sammlung von Remixes des „Lupin III.“ Soundtracks[1], den Utena OST „Virtual Star Hasseigaku“ („Hasseigaku“ bedeutet „Embryologie“ und ich habe keine Ahnung, was ich aus dem Titel machen soll), die Alben „Irâvatî“ und „Enfleurage“ von Hayashibara Megumi, und Beethovens Achte – dirigiert von Karajan, gespielt von den Berliner Philharmonikern, aufgenommen in Deutschland, und der Japanexport aus der „Berliner Grammophon“ Reihe „Karajan Gold“. Billiger als für 7 E kriege ich die in diesem Zustand auch in Deutschland nicht.

In diesem Zusammenhang fällt mir eine weitere Klassiksammlung auf: Bachs gesammelte Werke, Teil 1 bis 6. Es handelt sich dabei um sechs Kartons jeweils von der Größe eines großen Wörterbuchs, u.a. deutsch beschriftet (wie könnte es anders sein), um die Namen der einzelnen Stücke anzugeben. Jedes Paket kostet 3000 Yen, also etwa 22 E, und von der Größe ausgehend, nehme ich an, dass da mehr drin ist, als einfach nur eine CD mit einem Booklet mit Erläuterungen. Ich interessiere mich allerdings zu wenig für Bach, um sechsmal 22 E dafür zahlen zu wollen. Mit Beethoven oder Wagner wäre das was anderes, aber auch der Blick in meinen Geldbeutel sagt mir, dass ab sofort bis zur nächsten Geldvergabe am 23. Januar Ausgabesperre zu herrschen hat. Der Ausflug nach Tokyo hat das existierende Polster völlig aufgezehrt.

Es stellt sich dann auch heraus, dass auch diese CDs keine Fehlkäufe waren. Vor allem der Utena Soundtrack ist, dank der Stimme von Kamiya Maki, der Überflieger der letzten Wochen. Die Lieder können Dauerschleife laufen und dabei austesten, was die teuren Panasonic Akkus so herhalten: Man kann damit sechs Stunden Musik abspielen, bevor ihnen der Saft ausgeht. Das finde ich sehr positiv.


[1] Der Autor des „Lupin“ Manga nennt sich „Monkey Punch“.

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