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Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

3. Juli 2024

Samstag, 03.07.2004 – Nudelsuppe nach lokaler Art

Filed under: Japan,My Life — 42317 @ 7:00

Ich komme etwa um 11:00 in die Bibliothek und kann von Glück sagen, dass ich einen freien Rechner finde. Ich schreibe vier Berichte und sonst nur meine Post. Da hat sich heute einiges angesammelt und ich werde etwa genau in dem Moment fertig, als der Laden schließen will.

Danach fahre ich in den großen GEO Laden, wo man auch CDs, Filme und Spiele leihen kann, und besorge mir eine Mitgliedskarte. Ich kann mir unmöglich alles kaufen, was ich an Musik haben will, auch im Hinblick darauf, dass viele CDs nur zwei oder drei Lieder enthalten, die mir gefallen, während die übrigen schlicht langweilig sind. So bekomme ich die Gelegenheit, mir CDs anzuhören, bevor ich eine Kaufentscheidung treffe.

Dann mache ich mich auf den Weg in den Beny Mart, um was zu Trinken zu kaufen, und ich nehme auch zwei Pesto-Pizzen mit, jeweils eine Handvoll mit 15 cm Durchmesser, aber ich will sie mal probiert haben. Aber die Bananen lasse ich mir nicht entgehen. Man bekommt derzeit das Kilo Bananen aus Ecuador für umgerechnet 1,80 Euro. Da es ja leider keine Mandarinen mehr zu geben scheint, muss ich auf diese Vitaminquelle zurückgreifen.
Ich treffe auch Melanie im Supermarkt – ihr Fahrrad war nicht schwer zu erkennen. Erstens liegt in ihrem Korb wieder eine ganze Menge Krempel, den man wohl zum Basteln verwenden können soll, und außerdem ist ihr Sattel sehr viel höher als der der übrigen Fahrräder. Japaner fahren nämlich Rad, als würden sie auf einem Chopper sitzen, mit möglichst niedrig eingestelltem Sattel. Vielleicht hat ihnen keiner gesagt, dass man die Höhe verstellen und somit bequemer fahren kann? Oder ist es irgendwie „cool“, wie der Affe auf dem Schleifstein auf dem Rad zu sitzen? Ich weiß es nicht… schließlich sind nicht alle Leute so klein, dass die Einstellung angebracht ist. Allerdings ist die Stange, die den Sattel trägt, auch überhaupt nicht lang genug, als dass die Höhe für jemanden über 175 cm Körpergröße ideal einstellbar wäre.

Am frühen Abend möchte ich mit Melanie Fleischspieße essen gehen, und sie möchte diese Gelegenheit nutzen, ein Schreinfest zu besuchen. Aber unsere Grillbude hat heute geschlossen. Das ist dann doch schade… aber das Schreinfest findet nicht weit vom Park entfernt statt, also fahren wir ins Neputa-Dorf neben dem Park, wo laut Marc im Sommer regelmäßig ein Ramen-Verkäufer seinen rollbaren Stand aufbaut und Nudelsuppe nach lokaler (= Tsugaru-) Art anbietet. Wir sind ein wenig früh dran und der Stand wird noch aufgebaut. Nichtsdestotrotz ist bereits eine Familie da, die darauf wartet, Nudeln schlürfen zu dürfen. Der Stand muss beliebt sein. Bald nach uns kommen auch noch mehr Leute, die sich in die Schlange einreihen. Wir müssen also warten, bis die Familie bedient ist und bekommen dann zwei große Schüsseln in die Hand gedrückt, nebst Essbesteck. Zum Essen müssen wir allerdings, sei dies geplant oder nicht, die Seitenablage des Karrens verwenden, weil die Familie alle Sitzplätze in der eigens hergerichteten Garage in Beschlag nimmt.
Aber die Suppe ist verdammt gut. Da sind zwei wirklich große und sehr zarte Stücke Fleisch drin, nebst Gemüse. Unbedingt empfehlenswert. Wer nach Hirosaki kommt, muss da mal gegessen haben, sonst hat man was verpasst. Eine sättigende Schüssel kostet 600 Yen, und bei dem Inhalt wundert mich das doch. Ich hätte mit 700 bis 800 Yen gerechnet. Wo bekommt man denn in Deutschland eine große Portion Suppe mit viel Nudeln, Gemüse und Fleisch für umgerechnet 4 E? Wahrscheinlich nirgendwo.
Und ich finde es irgendwo bedauerlich, dass solche Unternehmen in Deutschland keine Chance haben, auch wenn es die Arbeitslosigkeit senken könnte (ich habe es früher bereits erwähnt), weil man als Verkäufer von Esswaren laut deutschen Hygienevorschriften (die natürlich ihren Sinn haben und wichtig sind) einen Wasseranschluss braucht, um sich jederzeit die Hände waschen zu können. Zur Verteidigung der beiden Suppenköche sei gesagt, dass sich neben der Garage eine öffentliche Toilette befindet, wo man sich sicherlich die Hände waschen kann. Der Ramen-LKW hat allerdings keinen solchen Luxus zur Verfügung und würde zweifelsohne sofort verboten. Der Mann nimmt Hygienetücher. Aber auch das sagte ich ja bereits vor langer Zeit.

Nachdem wir also gegessen haben, fahren wir zum Schreinfest, aber da finden wir auch nur wieder die ewig gleichen Stände vor, natürlich eine Menge zu essen und das obligatorische Spielzeug. Ich entdecke aus der „Kamen Rider“ Reihe einen Blaster aus Plastik, der den Schriftzug „SPD“ trägt. Soll hier offenbar eine Typenbezeichnung sein. Ich fand das in dem Moment lustig. Aber sonst ist da nichts zu sehen, was zu beschreiben sich lohnen würde.

Wir fahren wieder nach Hause und sehen uns ein paar Aufzeichnungen der letzten Tage an, bevor ich mich weiter um mein Tagebuch kümmere. Mir fehlt es in diesen Tagen an Motivation und Disziplin, mich jeden Tag um das Tagebuch zu kümmern, und natürlich rächt sich das bitter. Gerade die letzte Woche ist aufgrund mangelnder Aufzeichnungen nur bruchstückhaft erhalten. Ich muss das ändern, sonst geht zu viel verloren.

Abschließender Gedanke: „Pepsi Blue“ hat keine Zukunft. Kinder könnten Toilettenreiniger damit verwechseln.