Code Alpha

Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

12. Juli 2007

Das elektronische Nicht-wunder

Filed under: My Life — 42317 @ 18:24

Gestern, am 11. Juli, sollte es soweit sein:
Bereitstellung meines privaten Internetanschlusses durch die Firma Alice.
Der Anschluss kam aber nicht zu Stande. Die erforderlichen Lämpchen mit dem Telefonsymbol bzw. mit der Bezeichnung “Info” leuchteten nicht und das Telefon blieb tot, anstatt, wie versprochen, nach einer PIN zu fragen, um die Freischaltung zu beenden.
Ich reklamierte das am Abend beim Kundendienst, und der leitete mich durch zwei oder drei Rettungsmanöver, wie Stecker vom Modem rausziehen und neu starten, Kabel überprüfen und so, bis ihm dann die Ideen ausgingen. Man werde die Informationen weiterleiten und eine Rufumleitung auf mein Handy veranlassen.

Heute Nachmittag rief dann ein anderer Mitarbeiter des Kundendienstes an, versuchte es mit einer Rekonfiguration von seiner Seite aus und ließ mich das Modem dann auf Werkseinstellung zurücksetzen. Nutzte alles nichts, die beiden nötigen Leuchten blieben dunkel. Sowohl Telefon als auch Internet schweigen. Daraufhin sagte er mir, er werde die Zusendung eines neuen Geräts veranlassen. Das alte sollten wir dem Boten dann in die Hand drücken, und der käme entweder am Samstag (da muss ich arbeiten) oder am Montag (da bin ich in Gersheim), von daher wird Melanie sich an dem Management der Hardware versuchen müssen.

Zwei Punkte sind darüber hinaus fischig:
1. Die Frau Tenenboim, die mir den Anschluss verkauft hat, hatte gesagt, die Kundenbetreuung von Alice sei eine kostenfreie 0800 Nummer: Pustekuchen. Die Kundenbetreuung ist eine 01805 Nummer, die 14 Cent pro Minute kostet – immerhin ist das aber soviel, wie ich über Handy sowieso ins Festnetz zahle und außerdem wurde beim zweitem Mal ja ich angerufen. Die kostenlose 0800 Nummer, die man von dem Unternehmen erhält, verbindet den Kunden mit einem Subunternehmen, das die Einrichtung des Anschlusses inklusive Softwareeinstellungen vornimmt – für 70 Euro Aufpreis.

2. Wenn ich die Konfiguration meines Anschlusses aufrufe, werde ich gefragt, meine Verbindungsgeschwindigkeit zu wählen. Ich habe in diesem Fenster nur die Möglichkeit, “6000” anzuklicken – mein Anschluss ist vertraglich aber auf 4000 kbit/sec angelegt und ein Hinweis verrät mir, dass mir bei der Wahl von 6000 zusätzliche Kosten entstehen. Die Lösung für diese seltsame Begebenheit muss ich erst noch finden.

Der verfluchte Kafka

Filed under: My Life — 42317 @ 18:09

Wenn ich im Zug unterwegs bin, dann lese ich gerne Bücher, die keinen fachlichen Bezug zu meinen Studienfächern haben. Nachdem ich vor einigen Wochen “Everything is under Control” von Robert Wilson beendet hatte, nahm ich den Kafka hervor, den ich in einer Laune Anfang des Jahres für 2 Euro gebraucht gekauft habe: “Erzählungen”.
Man kann Kafka in der Tat gerne lesen, so unglaublich das klingt, aber laut meiner persönlichen Erfahrung sollte man ihn dazu freiwillig lesen. Sobald ein Lehrer oder eine Art Unterricht dabei eine Rolle spielt, wird man ihn hassen.

Wie dem auch sei, ich arbeitete mich Seite für Seite durch, bis knapp zur Hälfte, und dann ließen äußere Umstände nicht zu, dass ich weiter zügig weiterlas.

Zunächst einmal wäre da die 86 Jahre alte Dame zu nennen, die sich letzten Monat mir gegenüber hinsetzte. Sie sagte irgendetwas, ich weiß nicht mehr, was, aber es motivierte mich zu der Frage, wo sie denn hinfahre. Sie fuhr nach Trier und aus irgendeinem Grund unterhielten wir uns die ganze Zeit über dies und das. Sie erzählte viel von der Nachkriegszeit, und dafür habe ich natürlich immer ein Ohr, und natürlich (?) von Kindern, Enkeln und Urenkeln. Einer der letzteren, in der Grundschule, hat wohl, nach seinem Berufswunsch gefragt, mit der Ur-Oma im Hinterkopf, angegeben, er wolle “Reisetante” werden: Die fahre jahraus, jahrein mit dem Zug durch Deutschland und halb Europa, habe viel zu erzählen und bringe immer was mit.
Dass ihr verstorbener Gatte aktiver Boxer und Oberleutnant der Wehrmacht gewesen war und zum Zeitpunkt seiner Gefangennahme nach der Kapitulation in Meran/Italien stationiert, hat sie mir verraten, aber allgemein wollte sie nicht über den Zweiten Weltkrieg als politisches Phänomen reden. Sie glaube auch nicht an die Kriegsursache, wie sie im Geschichtsbuch stehe. Das mag jetzt im kleinen Rahmen bedeuten, dass sie die Geschichte vom polnischen Überfall auf den Sender Gleiwitz glaubt, oder im großen Rahmen, dass sie (wie konservative Japaner) eine Verschwörung anderer Mächte vermutet, die Deutschland in den Krieg zwang, vielleicht ausgehend von der Aussage Churchills (?), nach der es Deutschlands einzige Sünde gewesen sei, einen eigenen Wirtschaftsbereich und Währungsblock aufzubauen. Aber ich habe nicht weiter gefragt.

Einige Wochen später war es dann ein Oberstleutnant der Reserve (Artillerie), der mich mit seiner Anwesenheit schockierte. Ich dachte, solche Leute fahren mit einem eigenen Wagen, aber Ausnahmen gibt es scheinbar. Aus dem Blickwinkel, der nicht vom Buch versperrt wurde, sah ich jedenfalls ein paar Hosen im Punkttarn und der Träger war darum bemüht, sein Gepäck zu verstauen, was erst nicht gelang, weil da oben mein Rucksack lag, daher wollte er mit dem Sitz Vorlieb nehmen. Also sagte ich “Warte, stell Dein Zeug oben ab”, und räumte meinen Rucksack etwas beiseite. Erst, als der Betreffende dann saß, konte ich sehen, dass er einiges auf der Schulter hatte.
Und der fuhr nach Saarbrücken. Wir unterhielten uns dann ein bisschen über globale Wehrpolitik, die veränderte Auftragslage der Bundeswehr, taktischen Atomkrieg (nukleare Rohrartillerie gab’s tatsächlich, ebenso nukleare Minen und auch die Atombazooka ist gebaut worden wie er sagt) und über seinen Eindruck vom Ausbildungs- und Disziplinstand unsere verschiedenen Verbündeten (“Was bei den Amerikanern für Leute bei den Nuklearen Einsatzkräften dienen, das glaubt man kaum!”).
Da war’s also wieder nichts mit Kafka, allerdings muss ich zugeben, dass ich eher ihn an der Nachbereitung seiner eben abgeschlossenen Wehrübung gehindert habe (er hatte da ein paar Unterlagen dabei), als er mich beim Lesen meiner Lektüre.
In Saarbrücken angekommen, fragte er dann, was ich studiere. “Japanische Sprache und Kultur”, sagte ich ihm, und gerade aus dem Ostausgang raus fragte er nach Mentalität und Höflichkeit, und ob das nicht gewöhnungsbedürftig sei. “Man wird darauf vorbereitet”, sagte ich, “viel heftiger ist der Kulturschock, wenn man wieder nach Deutschland zurückkommt.” Am Ostausgang befindet sich eine Art Kneipe, und mit einem perfekten Timing ruft in diesem Moment, beim Vorbeigehen, einer zu uns herüber: “Herr Major, sind Sie schwul?” Mir blieb nur noch die rhetorische Frage: “Sehen Sie, was ich meine?”

Wenige Tage darauf neuer Versuch. Es blieb allerdings bei dem Versuch, denn als ich aufbrach, spürte ich ein derartiges Verlangen, den GameBoy Klassiker “Gargoyle’s Quest” noch einmal durchzuspielen, dass ich das Gerät mitnahm und spielte. Einsteigen, anschalten, aussteigen, Endboss plätten, fertig. In 90 Minuten. Ich war ausnahmsweise mit der RegionalBahn statt mit dem RegionalExpress gefahren, weil ich letzteren mangels Bus am Sonntag Morgen verpasst hatte. Und die 90 Minuten Spielzeit find ich gar nicht schlecht dafür, dass ich das seit Jahren nicht gespielt habe. Allerdings schaffe ich es nicht mehr, durch das Spiel zu kommen, ohne dabei eines meiner beiden Leben zu verlieren.

Aber auf der Rückfahrt nach Trier, da wollte ich dann wieder!
Nächstes “aber”… nachdem ich dann die Geschichten vom Jäger Gracchus gelesen hatte, fielen mir die Augen zu und ich kriegte sie erst wieder auf, als wir gerade durch Trier Süd rollten.

Und jetzt habe ich zwar versprochen, in den kommenden Wochen zur Unterstützung meiner Oma jeweils Sonntag bis Dienstag in Gersheim zu sein, allerdings war der sich derzeit in Weiskirchen zur Reha aufhaltende Opa so nett, mir das Auto zur Verfügung zu stellen, damit ich ihn am Ende seines Aufenthaltes sofort mit nach Hause nehmen könne.
An sich ein guter Plan, aber er hat zwei negative Punkte: Erstens kann ich natürlich während des Autofahrens meinen Kafka nicht weiterlesen (ich fahre auch noch viel lieber, als ich Kafka lese), und zweitens muss ich mal hoffen, dass das Ende seiner Reha nicht gerade auf einen Tag fällt, den ich wegen meiner anstehenden Geburtstagsfeiern lieber zur freien Verfügung hätte. Seine mögliche Entlassung fällt nämlich gerade auf Ende Juli oder Anfang August.
Nach Beginn der vorlesungsfreien Zeit am 21. Juli ist es mir ja generell egal, an welchem Wochentag er abgeholt werden will (da ja auch mein Teppichladen Betriebsferien hat), aber dann doch bitte nicht am 27./28. Juli oder am 05. August…