Code Alpha

Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

2. März 2007

Nimm das!

Filed under: Uni — 42317 @ 16:42

Und am besten gleich zwei!

Die Bürokratie beutelt mich mal wieder und schubst mich an den Rand des Abgrunds. Frisch-fromm-fröhlich-frei setze ich mich letztlich am Morgen an den Rechner, um mich in ein benötigtes Seminar der Anglistik einzutragen, und ZACK! Ohrfeige!
“Das Seminar ist bereits voll. Sie befinden sich auf Warteplatz 16. Sie werden im Falle eines frei werdenden Platzes benachrichtigt”, bekomme ich da zu lesen. Nett… vor allem im Hinblick darauf, dass mein Studium finanziell nicht zu schaffen ist, wenn nicht an sofort alles nahezu perfekt läuft – und das fängt beim Ergattern eines freien Platzes in Seminaren an.
Die Damen und Herren mit DSL zuhause schmeißen sich vor der Nachtruhe um 00:01 mal noch schnell ans StudIP, um sich einzuschreiben. Meine bittere Wahrheit ist bislang: Ich kann mir einen Anschluss gar nicht leisten. Und deswegen bin ich neun Stunden zu spät dran. Also ist der Kurs bereits voll. Und der alternative ebenfalls. Geld haben hat Vorteile. Leider bin ich in eine Arbeiterfamilie hineingeboren.
Mehr als der Dozentin zu schreiben und um eine Extrawurst zu bitten, kann ich jetzt nicht machen.

Eines muss ich dabei gleich klarstellen: Ich könnte mir auf privater Basis genug Geld leihen, um ein Semester in die Gebühren hinein zu studieren. Aber ich werde es nicht tun. Nein, das hat nichts mit Stolz zu tun.
Vielleicht kann sich ja jemand eine Vorstellung davon machen, was für eine seelische und psychische Belastung es für mich bedeutet, mit geliehenem Geld zu verlängern, um dann möglicherweise an einer der drei mündlichen Prüfungen zu scheitern?
Nicht nur, dass ich klar feststellbar unter Prüfungsangst leide und sich alles, was ich mir an Wissen aneigne, sich in der Stunde der Wahrheit in einem Haufen zusammenhangsloser Informationsschnipsel verwandelt… der Druck, der dadurch entsteht, dass mir die Leihgabe eine zusätzliche seelische Bürde auflädt (ich würde meine Sponsoren schließlich nicht enttäuschen wollen), würde meine psychische und auch meine körperliche Gesundheit sehr in Mitleidenschaft ziehen.

Ich stelle fest, dass mich meine Anglistik Zwischenprüfung schwer beeinflusst hat. Beim ersten Versuch bin ich glatt durchgefallen. Klarer Blackout. Aber: Ich habe einige Fehlerquellen bei der Vorbereitung aufspüren und eliminieren können.

In den zweiten Versuch bin ich mit weit besseren Gefühlen gegangen. Ergebnis: “4-“.
Geschafft mit der Gnade der Prüfer, die mein “sehr gutes Englisch” als Begründung dafür anführten, mir keine glatte “5” gegeben zu haben.

Ich kann mich strukturiert vorbereiten und mir alles anlesen, was ich an Stoff brauche, aber wie ich den eiskalten Schweiß, das Zittern der Hände und die Hyperventilation mit dem einhergehenden luftigen Gefühl im Kopf und den brodelnden Magen weg bekomme, hat mir noch niemand klar machen können.

Im Nachhinein kommt mir auch meine wenige Tage danach stattfindende Phonetikprüfung wie ein eher unverdientes Gnadengeschenk vor: Statt der im Nebenfach üblichen 15 Minuten wurde ich 35 Minuten lang geprüft – ofenbar hatte ich erst dann genug Aussagen gemacht, die meine Endnote von “2” rechtfertigten.
Ich sollte mich aber auch nicht schlecht reden… jener Professor hält die Prüfungen in der Art eines lockeren Gesprächs, das kostet Zeit, und ich kann mich auch nur an eine Stelle erinnern, wo ich mich in der Klemme fühlte.

Abschlussprüfungen sind von Natur aus doppelt so lang. Allein der Gedanke daran verursacht ein Gefühl der ausweglosen Beklemmung. Hätte ich mich auf mein Abitur vorbereitet, wie ich das hier mit großen Prüfungen mache (drei Monate lang jeden Tag fünf bis acht Stunden), hätte ich einen Prüfungsschnitt von besser als “2” rausholen können, ohne einen Tag im Unterricht gewesen zu sein. 🙂
Vielleicht auch nicht… aber mein Abitur kommt mir als Prüfung heutzutage so richtig lächerlich vor. Abgesehen von der mündlichen Prüfung in Biologie, wo ich für den vielen Unsinn, den ich – statt eines strukturierten Vortrags – geredet habe, ja auch nur eine “4” bekommen habe.

Das Problem scheint das Gleiche geblieben zu sein. Die gewünschte Hauptinformation fällt mir ein, aber ich kann sie nicht erläutern, weil mir das “Drumrum” nicht in einer Form einfällt, die ich auch verbalisieren kann. Ich scheitere an der Realisation von “explizitem Wissen”. Ich war schon immer ein impliziter Typ.