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Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

3. Januar 2007

Ideal, Anspruch und Wirklichkeit

Filed under: My Life — 42317 @ 20:30

Nachdem mein letztes Paar Bundeswehr-Treter (“Kampfschuh BW”) ein japanisches Dickicht auf einer sommerlichen Skipiste nicht überlebt hatte, war schon länger geplant, dass ich ein paar neue Schuhe anschaffen musste.
Mein Ideal: Natürlich ein Paar Stiefel der selben Marke.

Zurück nach Hause drückte mich erst mal der Geldbeutel so sehr, dass ich auf billige Discounter-Turnschuhe umsteigen musste, die auch nach sechs Wochen und einer exakt nachvollziehbaren Anzahl von Kilometern völlig durchgelatscht waren. Daher mussten erst mal ein paar längst eingemottete Turnschuhe, die unter meinem Bett rumlagen, herhalten.

Aber der nächste Winter kommt bestimmt und Geld kam nur sehr langsam, also zog ich meine alten Stiefel mit der eingerissenen Sohle wieder an und sah zu, dass ich mich von Wasser fernhielt. Das war allerdings leichter gesagt, als getan, da meine Frau Chefin gerne alle zwei Wochen ihr Auto waschen lässt, zumindest ab Frühjahr, worauf ich neue Schuhe wieder entschlossener ins Auge fasste.

Im August war’s dann soweit: Mein Vater erklärte sich bereit, mir ein paar Stiefel meiner Wahl aus einem Katalog zu bestellen, so als verspätetes Geburtstagsgeschenk. Als Dankeschön bekam er von mir fünf Pfund guten Kaffee, weil die billige Plörre, die er zuhause hat, hin und wieder kaum genießbar ist.
Ich weiß nicht, welcher Teufel mich geritten hat, aber ich wollte ein Paar MilTech Stiefel. BW Schuhe kosten geradezu astronomische Summen, und gebrauchte kommen mir nicht ins Haus. Ich will meine Sohlen selber einwalzen. Um den Vater finanziell nicht zu sehr zu belasten, entschied ich mich für das Modell “MA-1” von MilTech. Die sahen ganz fesch aus und kosteten nur 40 E, also warum nicht.

Warum nicht? Hätte ich eine Spur mehr Grips, hätte ich die Dinger gleich nach Empfang wieder zurückgegeben. Die Sohle des MA-1 ist nicht aus Gummi, sondern aus Plastik. Wenn ich damit über eine relativ harte Oberfläche gehe, machen diese Schuhe ein hohes “klack-klack-klack” Geräusch. Gut, das ist ein Schönheitsfehler, und ein schmaler Geldbeutel lässt auch mal angebranntes Essen zur Delikatesse werden. Viel auffälliger hätte sein sollen, dass die Zunge des MA-1 nicht mit dem Schaft des Stiefels verbunden ist.

Es hätte mir auffallen müssen, ist es aber nicht sofort.
Stattdessen merkte ich es bei der nächsten Autowäsche.

Außerdem schwitzen meine Füße in den Stiefeln, und das auch dann, wenn ich gar nichts anstrengendes tue. Ganz tolle Wurst. Und zuletzt sahen die Stiefel nach vier Wochen Klaviertransport schlimmer aus als meine alten Stiefel nach vier Jahren. Natürlich sind Klaviere grobes Gerät, aber man zerrt sie nicht durch Feld, Wald und Wiese. Genau so sahen die MA-1 aber sehr schnell aus.
“Pilotenstiefel” stand in dem Katalog zu lesen. Wer trägt die? Die Luftwaffe von Sierra Leone? Also, wenn die armen Jungs solche Stiefel tragen müssen, tun sie mir echt leid.

Also: Trinkgelder und Weihnachtsgeld gespart und neue Stiefel suchen.
Meine Anfrage nach dem “Kampfschuh BW” löst allerorts Kopfschütteln aus.
“Wir haben nur gebrauchte” heißt es hier, und: “Führen wir nicht. Die sind so teuer, dass sie keiner kaufen will, und gebrauchte sind ja nicht das Wahre…” da. Blick ins Internet: Neue Kampfschuhe BW kosten bei Räer 95 E. Das ist dann doch eine Spur zu viel für meinen Geschmack.
Außerdem dachte ich, dass Behörden irgendwelche Produktionsaufträge immer an die Firmen geben, die ihr Produkt am billigsten verkaufen? Offenbar gilt das nicht für die Armee.

Dann blieb mir nur noch der erneute Griff ins MilTech Regal. Aber diesmal “Magnums”.
Viele alte Kameraden haben diese Dinger bei der Armee getragen und sagten, sie seien rundum zufrieden gewesen. Bei einem Neupreis von 70 E will ich auch wirklich hoffen, was Gutes gekauft zu haben. Was hat man auch von Stiefeln für 40 E zu erwarten?

Ich bringe die neuen Dinger also nach Hause, schnüre sie fest und drehe versuchsweise mein Fußgelenk.
“Pling!” sagt eine Öse und fliegt durch’s Zimmer.
Sie ist nicht kaputt im Sinne von “irreparabel”. Ich nehme eine Zange und biege sie wieder in die Halterung. Ich fasse das als gutes Omen auf.
Auch den Test auf dem Flur bestehen die Magnums: Die machen nicht “klack-klack-klack”, sondern “bom-bom-bom”. Die Sohle macht einen flexiblen Eindruck – offenbar ist die hier aus Gummi.

Dann darf ich gespannt sein, wie gut sich die Magnums tatsächlich machen.
Besser als die MA-1 zumindest dürfte so ziemlich jeder moderne Stiefel sein.
Und wenn sie doch Mist sind, dann habe ich ein Paar zum Wechseln, damit jeweils eines meiner beiden Stiefelpaare einen Tag auslüften kann.

Zur rechten Zeit am rechten Ort

Filed under: My Life — 42317 @ 11:59

Das geht sogar mit der Deutschen Bahn. Unglaublich, aber wahr.

Da war ich letztlich in der Heimat und hatte meinen neuen DVD Player dabei, den ich zum Vorführen von Fotos verwende. Ich fahre zurück, steige in Trier aus und bemerke nach fünfzig Metern, dass ich das Gerät im Zug vergessen habe.

Ich drehe mich entsetzt auf dem Absatz herum.
Der Zug steht noch da.
Ich gehe mit großen Schritten auf die nächste Eingangstür zu, jeden Moment den schrillen Pfiff des Schaffners erwartend. Aber ich komme hinein.

Na denn, denke ich mir, dann mache ich eben einen Ausflug nach Wittlich. Besser als noch einmal 50 E für einen neuen Player. Ich schiebe mich zu meinem alten Platz vor, der mittlerweile neu besetzt ist und dessen neuer Besetzer zu meinem Tragekoffer hochschielt. Ich nehme das Teil wieder an mich, seufze erleichtert.
“Sowas sollte man lieber nicht vergessen”, sagt der Besetzer.
“Allerdings, allerdings”, gebe ich zurück in Ermangelung einer geistreicheren Antwort.

Zu meiner Überraschung steht der Zug noch immer fest im Bahnhof.
Ich strebe dem Ausgang zu.
Ich schlüpfe hinaus.
Ein Blick auf die Bahnhofsuhr: Noch zwei Minuten bis zur offiziellen Abfahrtszeit.
Ich gehe zur Bushaltestelle hinüber und frage mich, warum die Bahn nicht auch dann pünktlich sein kann, wenn ich es nicht nötig habe. Aber schön war’s doch.