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Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

26. Juni 2011

King of Kylltal (Teil 6)

Filed under: Arbeitswelt — 42317 @ 21:01

Ich muss weiter an meiner Effizienz arbeiten, es kann nicht sein, dass ich dauerhaft als letzter aus der Halle fahre. Ich glaube, meine Abfahrt, die grundsätzlich erst um 0900 oder sogar später stattfindet, ist das Haupthindernis für ein frühes Heimkommen, denn ich halte keine langen Schwätzchen mit Kunden und fahre und gehe auch nicht langsam. Trotzdem geht wohl immer wieder Zeit verloren, die sich am Ende bemerkbar macht.
Ein Zeitverschwender sind Pakete, die in Vororte von Gerolstein gehören, zum Beispiel Büscheich, wo aber trotzdem “Gerolstein” als Zielort draufsteht. Da kann es sein, dass man eine halbe Stunde oder mehr Zeit verschwendet, weil man wieder ein Stück zurückfahren muss. Was lernen wir? Ich muss einen Stopp, dessen Adresse ich nicht kenne, an den Beginn des Abschnitts mit der entsprechenden Postleitzahl setzen. Dann sehe ich, aha, unbekannter Empfänger, überprüfe die Adresse dann mit dem Navigationsgerät und ordne den Stopp im Taschencomputer entsprechend ein.

Übrigens, Büscheich. Man fahre nie von Gees nach Büscheich mittels eines TomTom Navigationsgeräts. Ich habe generell nichts dagegen, dass es mich durch den Wald lotst, wie aber ein Gerät, das die Neubaugebiete der letzten fünf Jahre nicht kennt, von Waldwegen weiß, die nicht mal geschottert sind, ist mir unerklärlich. In der Eile habe ich auf den Weg nicht geachtet, obwohl das viele Restholz von den Baufällarbeiten neben und auf dem Weg auffällig war. Dann vor mir eine Pfütze – was haben Sie einem bei der Armee beigebracht? Wenn’s schlammig wird, mit Vollgas durch! Soviel Schwung wie möglich mitnehmen. Also Vollgas – und mitten rein in ein Stück, dessen Fahrspur tiefer war, als die Achse des Autos. Festgefahren mitten im Wald. Das heißt, bis zur Adresse, am Ortsrand, waren es noch 500 m.
Ich rief beim Disponenten an: “Ich hab das Auto festgefahren.”
“Dann versuch wieder rauszukommen und ruf mich nochmal an, wenn’s geklappt hat oder wenn nichts mehr geht.”
Durchatmen. Ruhig nachdenken.
Was tut man in dem Fall?
Die Räder unterfüttern, die Fahrspur künstlich anheben.
Baumfällarbeiten – Zweige im Überfluss.
Ich packte das Holz unter die Räder, fuhr, oder eher schaukelte, den halben Meter, der ging, wieder und wieder vor und zurück, presste die Zweige in den Morast, füllte weiter auf.
Nach einer knappen halben Stunde war der Wagen tatsächlich wieder flott. Nur recht schmutzig, und könnte eine Unterbodenwäsche gebrauchen. Aber kommende Woche sollte er eh zum Ausbeulen in die Werkstatt, die kriegen das wohl hin. Damit müsste ich mir meinen ersten Rallystreifen verdient haben.

Anderere Zeitkiller sind Pakete, die offiziell da sind (sie werden beim Auflegen aufs Band gescannt), aber nicht von mir bemerkt und daher gesucht werden müssen. Sie rollen vorbei und landen normalerweise bei den Irrläufern. Normalerweise.
Diese Woche fehlte ein Paket für den Ort, den ich als letztes anfahren wollte. Wir suchten bei den Irrläufern, bei den Paletten hinten und bei den Paletten vorn. Nichts. Ich war sicher, dass es nicht im Auto war. Trotzdem, der Chef vom Depot befahl “Ausladen und suchen!”
“Ignorier dafür die letzten zehn Stops,” sagte der Disponent leise zu mir.
Ich musste nur ein Viertel ausladen, dann fand der Chef selbst das Paket – unter dem Band bei einem der Trier-Fahrer. Dort haben wir nicht gesucht, weil man nur eigene Pakete bei sich unters Band legt. Ich würde jemanden erwürgen, wenn ich wüsste, wer es war. Für diese Erfahrungspunkte kaufe ich mir die Fertigkeit “Pakete auch unterm Band suchen, wo sie nichts zu suchen haben”.

Und dann die Expresse nach Gerolstein. Die sorgen dafür, dass ich Spangdahlem (Flughafen) nicht morgens anfahren kann, weil ich nach Spangdahlem (Ort) sofort nach Gerolstein muss, wenn ich es noch rechtzeitig schaffen will. Wenn ich am späten Nachmittag wiederkomme, haben die aber alle Feierabend und die Pakete für die Air Force sammeln sich an, das kann nicht sein, aber ich weiß noch nicht, wie ich Express und Flughafen unter einen Hut bringen soll – ich muss früher aus der Halle!