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Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

3. Januar 2008

Edutainment Videoblog

Filed under: Filme,My Life — 42317 @ 22:50

Ich bin vor einiger Zeit auf den Videoblog “Ummah Films” gestoßen und habe mir in den vergangenen Monaten alle Videos bis zum heutigen Tag angesehen. Es handelt sich um einen islamischen Blog in englischer Sprache, in dem es um Eigenheiten des islamischen Glaubens und Kulturkreises geht, und ich finde diese gar nicht schlecht in Szene gesetzt.

Deswegen muss man auch nicht fürchten, gleich zum Moslem zu mutieren (falls das ein Umstand sein sollte, den man fürchten muss, was ich nicht glaube), aber es ist eine schöne Darstellung von dem, was man heutzutage “gemäßigten Islam” nennt, auch, wenn viele dabei an die mit den USA verbündeten arabischen Staaten denken, die so gemäßigt eigentlich gar nicht sind.

Wie dem auch sei, ich stelle fest, dass ich in letzter Zeit mehrere islamische Blogs konsumiere, darunter englische Übersetzungen des Blogs von Mohammad Ali Abtahi , ehemaliger Stellvertreter des ehemaligen (und neuerdings wieder Möchtegern-) Präsidenten des Iran, Khatami, und auch die (ebenfalls ins Englische übersetzte) Website von Mahmoud Ahmadinejad, der gerade in dieser Zeit keiner Vorstellung bedarf.

Man kann bei ihm Feedback hinterlassen, und ich habe nicht den Eindruck, dass es handverlesen ist, da auch negative Kommentare (“die slow” – mieses Englisch…) und solcher Unsinn wie “You are a nigger” da zu finden ist. Ja, es könnte fingiert sein, aber es sieht auf den ersten Blick zumindest nicht nach gefilterter Propaganda aus.

Über den Horizont soll man hinausschauen. Ich erwarte nicht, in den Blogs iranischer Politiker die unumstößliche Wahrheit zu finden – Politiker sind Politiker, egal ob in der Achse des Bösen oder der Allianz der Willigen – aber ich finde es nicht unwichtig, auch die andere Seite zu hören, ohne dass sie durch die westlichen Medien gefiltert wurden.

Er ist nicht der einzige Staatsrepräsentant, der die nationalistische Werbetrommel rührt, dennoch steht Ahmadinejad quasi unter Generalverdacht und trägt auch sein Übriges dazu bei, im Westen nicht sonderlich viel Sympathie zu ernten, wenn auch wohl eher weniger beabsichtigt, dennoch kann ich nicht zu der Meinung gelangen, es handele sich um “den irren Diktator von Tehran”. Wenn es im Iran eine Art Diktator gibt, dann ist das möglicherweise Sayyid Ali Khamenei, der Ayatollah, der vom so genannten Expertenrat zum “Supreme Leader of the Islamic Republic of Iran” gewählt wurde. Dabei mutmaßte der “Economist” vor einiger Zeit, Khamenei habe liberalere Ansichten als Präsident Ahmadinejad.

Wie dem auch sei. Bei Herrn Abtahi (der Sommer 2007 auf dem Evangelischen Kirchentag gesprochen hat) handelt es sich in Relation zum derzeitigen iranischen Präsidenten um einen Oppositionspolitiker (ein Begriff, dessen Bedeutung die saudi-arabischen Verbündeten der USA überhaupt nicht kennen), der die gefährliche außenpolitische Linie Ahmadinejads gewissermaßen zwischen den Zeilen kritisiert und revidiert sehen möchte. Er drückt sich aber auch sehr gewählt aus, vermeidet in der Regel direkte Kritik, und man erkennt anhand der Satzstrukturen, die scheinbar ziemlich direkt aus dem Persischen übersetzt wurden, dass er gerne in Schachtelsätzen spricht.

Ich habe bislang nur einen direkt kritischen Artkel gelesen, in dem er Ahmadinejads diplomatisches Ungeschick bemängelt, den Persischen Golf vor einer Versammlung arabischer Staatsmänner eben als denselben zu bezeichnen – Araber nennen den “Persischen Golf” nämlich den “Arabischen Golf”, und das impliziert strittige Grenzfragen um ein paar kahle felsige Inseln im Golf, die der Iran besetzt hält.

Leider scheint die Feedbackoption im “Webnevesht” Abtahis nicht zu funktionieren, ich erhalte immer eine Fehlermeldung. Vielleicht ist das System doch nicht für westliche Schrifttypen geeignet.

Belustigt war ich aber wegen Abtahis Kommentar anlässlich der gescheiterten Verfassungsänderung Venezuelas, die der dortige Präsident gerne realisiert gesehen hätte:

“Ich habe irgendwo gelesen, dass Herr Chavez, der neue Freund der iranischen Regierung, seinen Landsleuten wöchentlich im Schnitt 40 Stunden lang Vorträge hält. Ich glaube, wenn er weniger reden würde, wäre die Situation in seinem Land nicht so schlecht, dass er solch eine negative Antwort seines Volkes auf sein Vorhaben, die Verfassung zu ändern, bekommen hätte. Der Plan sah vor, sich unbegrenzt oft erneut zum Präsidenten wählen lassen zu können.”
(aus mangelhaftem Englisch interpretiert)