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Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

26. Mai 2007

Alles klar, Herr Kommissar

Filed under: My Life — 42317 @ 10:24

Mein Blog ist also wieder online nach den Wartungsarbeiten am Server, also mache ich mich mal daran, was über die Tage zu schreiben.
Am 19. Mai war ich beim Kameraden Ritter eingeladen, der seinen Geburtstag und sein Diplom gefeiert hat. Also nicht nur 34 Jahre alt, sondern auch noch Kommissar geworden.
Nebenbei möchte ich bemerken, dass sein Vater für einen ehemaligen und langjährigen Küchenbullen von der Bundeswehr gar nicht schlecht mit dem Kochlöffel umgehen kann. Allerdings hätte ich vielleicht nicht den Kochschinken vor dem Schweinebraten essen sollen, weil Kochschinken ja recht salzig ist, was den Schweinebraten ein bisschen fad hat erscheinen lassen.

Die illustre Gesellschaft – wenn ich das mal so nennen darf – zeigte mir, dass ich mich ebenfalls in einem fortschreitenden Alter befinde. So kommt es mir vor, als sei es noch gar nicht lange her, dass ich selbst zu den Kindern gehörte, die den eher langweiligen Feiern der Erwachsenen beiwohnten, weil man den Nachwuchs nicht zuhause lassen konnte.
Mit dabei auch ein deutsch-koreanisches Mädchen (sieben Jahre alt?), das munter, aber kontrolliert, auf deutsch und koreanisch drauflos plapperte, je nachdem, was ihr gerade angemessen erschien. Ich staune immer wieder über die Fähigkeiten des heranwachsenden Gehirns, was Erstspracherwerb betrifft.
Wie dem auch sei – nach der Kindheit kommt dann eine Zeit, wo man jahrelang gar keine Kinder auf den Parties sieht, die man besucht. Warum? Weil Jugendliche in der Regel keine Kinder haben und ihre Parties für Kinder auch völlig ungeeignet sind.
Und da saß ich auf einer ruhigen, gesitteten Feier eines guten Freundes, sah den Kindern beim Spielen zu und erlebte, wie um 22:30 schon nichts mehr los war, weil die meisten Paare wegen ihres minderjährigen Anhangs bereits nach Hause gegangen waren.
Da kommt man sich älter vor als gestern!

Aber ich entdeckte auch was Interessantes bezüglich meiner Generation.
Meine Freundin sagt immer wieder gerne, dass alle meine Freunde Spinner seien, auf irgendeine Art und Weise. Dem stimme ich voll und ganz zu, denn ich bin selber einer. Deshalb habe ich mir auch nie viel dabei gedacht, dass ein bedeutender Teil meiner Freunde Rollenspieler sind, aber es lag jenseits meines Denkens, dass dieser Schlag Menschen sehr viel weiter verbreitet sein könnte als unter Studenten, weil die ja angeblich so viel Zeit haben.
Ja, könnte man meinen. Gut, der Tierarzt, den ich kennen lernen durfte, war ja auch mal Student, aber da saßen noch drei, vier weitere Rollenspieler, die nie Studenten gewesen sind und alle um die dreißig oder älter waren, ganz abgesehen von den Kindern, die sie hatten oder die zumindest aktuell im Kommen sind. So ist das halt.

Abgespielt hat sich das ales in Haßloch, dort, wo der Holidaypark zu finden ist. Vor 15 oder 20 Jahren hätte ich das für einen tollen Wohnort gehalten. Immerhin würde man die Fahrtkosten sparen. Aber ich musste ja hinfahren. Gut, es war umsonst und ich bin auch nicht selbsttätig gefahren. Allerdings bin ich um 06:30 aufgestanden, habe mich um viertel nach Acht in den Zug nach Wittlich gesetzt, von wo aus ich nicht mehr wie früher nach Morbach fahren kann, sondern nur noch nach Kues. Aber von Büchenbeuren aus, von wo aus ich abgeholt wurde, macht das von der Entfernung keinen so großen Unterschied, denke ich.

Warum der frühe Aufbruch? Nu ja, wir sind davon ausgegangen, dass wir in der Gaststätte, wo die Feier stattfinden sollte, noch dies und das umgeräumt werden müsse und wollten deshalb zwei Stunden früher da sein, als der offiziele Starttermin. Nach Ankunft wurde aber klar, dass bereits alles vorbereitet war. Ich hatte also zwei Stunden Zeit.
Der Spaziergang um den Sportplatz der lokalen Götter vom 1. FC Haßloch 08 dauerte nicht allzu lange und war auch nicht sonderlich beeindruckend. Immerhin handelt es sich um einen gut gepflegten Rasenplatz. Aber nebenan befand sich ein großer Supermarkt, also bin ich mal dorthin gegangen, um Zeit tot zu schlagen.

Interessanterweise wurde ich auch schon bald angesprochen. Da war ein Werbestand von Natreen und eine Frau Mitte Dreißig bot mir ein Marmeladebrötchen an. Wenn’s denn umsonst ist… Erdbeermarmelade.
“Ist nicht schlecht… ich find’s gut, dass es nicht so süß ist. Aber Natreen ist mir zu teuer. Außerdem esse ich nicht viel Marmelade. Hm… Natreen hat auch ein seltsames Image… ich glaube, nur Du Darfst kommt mir schlimmer vor… so aufgezwungen gesund und hip… nee…”
Das schrieb sie gleich mal auf.
“Sin Sie der Hausdetektiv?” fragte sie mich dann.
Ich komme immer ins Grübeln, wenn ich seltsame Sachen gefragt werde.
“Nein, ich bin zum dritten Mal im Leben in Haßloch und zum ersten Mal hier im Haus.”
“Ach, ich dacht, ich hätt Sie scho mal vorbeigehe sehn…”
“Unmöglich.” Ich war amüsiert.
Kurze Pause.
“Sin Sie dann vielleicht der Kontrolleur?”
“Der was?”
“Na ja, die schicke doch immer ein, der kontrolliert, ob ma alles richtig macht.”
“Was – ich!?” Ich musste mir Mühe geben, nicht laut zu lachen, aber mein Gesicht sieht entsprechend aus. Sie schaute mich entgeistert an.
“Ja, sin Sie der Kontrolleur?”
“Nein, bestimmt nicht. Ich besuche einen Freund und hab noch zwei Stunden Zeit.”
“Ah so… weischt, manchma erkennt ma die ganz schnell, aber manchma bin ich mir net sicher.”
Ich schien mit diesem Ort zu Zeit totschlagen eine gute Wahl getroffen zu haben.
Und dann redeten wir ein bisschen, sie dabei ganz viel. Sie hat sich nach dem Personalabbau bei Smart in Böblingen als Promoterin selbständig gemacht. Aha, da bin ich auf dem Weg von Weil der Stadt nach Stuttgart durchgekommen, weil ich ja in Calw bei der Armee gewesen bin.
“Ach,” sagte sie, “interessant, ich komm nämlich eigentlich aus Calw.”
Der Dialekt kam mir auch so unpfälzisch vor.
“Kennscht das Manhattan?”
“Öh, ja… da sind die Typen hingegangen, die unbedingt ne Frau für die Nacht brauchten…”
“Was, echt? Wie ich da g’wese bin, war das a seriöser Lade wo immer was los war.”
“In zehn Jahren kann sich viel ändern, und mittlerweile sind ja wieder zehn Jahre vorbei.”
Dann erzählte ich auf Anfrage ein bisschen was über Japan und sie was über ihren Urlaub in Kenia, zwischendurch machte ich hin und wieder Platz für Kunden, die die Marmelade probieren mochten, und schließlich erfuhr ich, dass die Feuerlöschanlage im Lager heute morgen eine Fehlfunktion gehabt und der Markt knöcheltief unter Wasser gestanden habe.

Und dann waren die zwei Stunden eigentlich auch schon vorbei und ich konnte mich dem Nahrungsangebot der Feier zuwenden. Ich verabschiedete mich also.
Der Kamerad Ritter backt übrigens einen guten Käsekuchen. Mehr als eine Probierportion konnte ich allerdings nicht davon essen, weil noch tausend andere Sachen da waren, und als ich am Ende des Tages alles nur probiert hatte, inklusive des Speiseeises mit Kokosraspeln, da war ich so vollgefressen, dass ich um einen Kräuterschnaps bitten musste.
Ich muss allerdings auch bemerken, dass ich nicht mehr so viel fressen kann wie vor zehn Jahren. Das mag am fortschreitenden Alter liegen, aber wohl hoffentlich auch daran, dass ich meinen Magen seit ein paar Jahren an kleinere Portionen gewöhnt habe. Ich denke, dass hat seine Dehnbarkeit etwas eingeschränkt.

Und dann fuhren wir mitten in der Nacht wieder nach Büchenbeuren zurück, was eine Stunde dauerte. Einschlafen war dann so um 02:20. Und aufstehen um 08:00, weil mein Gastgeber ja auch gerade seinen Umzug zu vollziehen hatte. Wir hievten also seinen Fernseher, quasi den großen Bruder des meinen, in sein Auto und fuhren ihn nach Rheinböllen. Von dort aus fuhr er dann weiter nach Köln, um eine Einbauküche abzuholen, wenn ich das richtig verstanden habe. Ich wurde auf dem Weg dann in Koblenz am Bahnhof abgesetzt.

Leider gerade zehn Minuten zu spät, weswegen ich im sonntäglichen Koblenz fünfzig Minuten spazieren gehen durfte. Aber das Wetter war toll, und so lange habe ich noch nie gebraucht, um einmal um einen Block zu gehen. Hoffentlich dauert es noch ein paar Jahrzehnte, bis ich ohne Absicht so lange brauche.
Immerhin entdeckte ich dabei, dass die Band TANKARD immer noch Konzerte gibt, laut Plakat im September in Koblenz, und außerdem entdeckte ich den “Zweckverband Entsorgungsbetrieb Eiterköpfe”. Kann das wirklich ein Name sein???
Die kleine Tour innerhalb der großen war also nicht hoffnungslos langweilig, aber ich war ganz froh, als ich dann zuhause ausschlafen konnte…

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