Dienstag, 17.08.2004 – Der Zehn-Minuten-Tag
Ich verbringe den Tag im Computerraum mit den üblichen Tätigkeiten. Ich habe immer noch genug Zeit, die „Echtzeit“ einzuholen, aber dafür sind mindestens vier Berichte pro Tag fällig. Am späten Nachmittag „kümmere“ ich mich weiter um die Listening Station im Ito Yôkadô. Leider verpasse ich dabei die Gelegenheit, die Verkäuferin von gestern nach dem Lied zu fragen, das ich haben wollte. In der Musikmaschine finde ich natürlich auch nichts, weil ich überhaupt nicht weiß, was ich suchen soll.
Dann geht es weiter – zu Nissan! Oliver hat bereits vor langer Zeit geschrieben, dass er an ein paar kleinen und schmückenden Einzelteilen für sein Auto interessiert sei, die man in Japan bestimmt billiger bekommen könne, weil es das Ursprungsland ist. Ich betrete die Filiale, sage höflich „Guten Tag“ und bekomme einen Eiskaffee für die paar Minuten, die ich warten muss. Ich mache dem Angestellten im Blaumann klar, was ich haben will, und die Fotos, die Oliver mir auf meine vorsichtige Anfrage geschickt hat, leisten gute Dienste. Dass ich mich dennoch mit dem Verantwortlichen eine Viertelstunde lang über die Details der Ware und der Bestellung unterhalten kann, gibt mir ein gutes Gefühl. Am 20.08. könne ich bereits alles abholen, sagt er schließlich nach mehreren Touren zwischen meinem Sitzplatz und dem Computer, es könne lediglich sein, dass das „NISMO“ Aufkleberset vielleicht ein oder zwei Tage länger braucht. Ich frage schließlich nach einem Poster des Modells „Skyline“, aber diesbezüglich verweist man mich an die „Nissan Red Stage“ Filiale ein paar hundert Meter weiter die Straße runter. Ich befände mich hier in einer „Blue Stage“ Filiale, und der Skyline werde bei den Roten verkauft, heißt es. Wenn ich die Erklärung über das Wieso und Warum richtig verstanden habe, dann verkaufen die blauen Jungs die Kleinwagen und die roten die Limousinen und Mittelklassewagen. Die Nissan-Filialen schließen um 19:00 – das sind noch zehn Minuten.
Ich trete in die Pedale und komme zwei Minuten darauf in der Red Stage an und frage nach einem Poster. Der Verkäufer bittet mich, einen Moment zu warten und weist mir einen Stuhl zu. Im Unterschied zur Blue Stage erhalte ich hier allerdings keinen Eiskaffee. Macht nichts, ich habe ja vor zehn Minuten erst einen getrunken und die wollen ja auch mal Feierabend machen.
Die Suche nach einem Skyline-Poster scheint sich schwierig zu gestalten, da es etwa zehn Minuten dauert, bis der Angestellte zurückkommt und mir mitteilt, dass gerade keine auf Lager seien. Ich könne Poster bestellen, für 600 Yen das Stück, und es gebe derzeit nur Poster des „Skyline Coupé“. Ah, so ein Zufall. Ich habe während einer Wartephase bei der Blue Stage im Tuning-Katalog geblättert und war darin über das Karosserietuning der Coupé-Ausführung gestolpert. Nicht, dass mich das sonderlich interessieren würde, aber das Interessante daran war der Vermerk „Concept by Gran Tourismo“, zusammen mit einem Screenshot aus dem zweiten Teil des Spiels. Träume können also wahr werden (und die Programmierer von „Gran Tourismo“ sind garantiert „Autoträumer“). Natürlich bin ich mir nicht sicher, ob Oliver etwas mit einem Bild dieses Modells anfangen kann (eine Rennversion des Skyline wäre sicherlich interessanter), aber ich bestelle das Poster dennoch, weil Versäumnis meist eine dümmere Option ist als vorschnelles Handeln. Ich werde Oliver morgen ganz einfach schreiben und fragen, was er davon hält. Da ich keine Adresse bei Nissan hinterlassen habe, muss ich das Zeug ja nicht abholen, wenn er es nicht haben will (weil es ihm vielleicht immer noch zu teuer ist). Aber ich muss zugeben, dass ich dann schon beinahe ein schlechtes Gewissen haben werde, weil man sich so sehr um mich bemüht hat.
Dann verschwindet der Verkäufer noch einmal für den gleichen Zeitraum (und ich habe nicht verstanden, wieso), kommt dann zurück und legt mir „Skyline“ Werbeprospekte hin. Die könne ich so haben. Er habe das verfügbare Poster bestellt, und ich solle mich so um den 26.08. noch einmal melden, dann sollte es eigentlich da sein. Er gibt mir seine Visitenkarte, damit ich ihn anrufen kann. Ich behalte diesmal für mich, dass ich kein Telefon besitze, um seinen Feierabend nicht noch weiter hinauszuzögern und drücke mein Bedauern darüber aus, dass ich ihn so lange aufgehalten habe. Zu meiner Beruhigung ist auch noch eine Familie anwesend, die sich einen Ausstellungswagen zeigen lässt.
Auf dem Weg nach draußen macht er mich dann noch auf das neue Modell „Murano“ aufmerksam, das demnächst auf dem japanischen Markt erscheint. Dazu gibt es ebenfalls eine Werbebroschüre und ein Video. Dem Gewicht der Kassette nach zu urteilen, handelt es sich um einen maximal zehn Minuten langen Werbespot.
Und warum ist heute bloß alles zehn Minuten lang???
Ich werde dann sogar noch vor die Tür begleitet und verabschiedet. Maeda-san, der Angestellte, bleibt draußen stehen, bis ich mit meinem Drahtesel davongeradelt bin – ich komme mir vor, als hätte ich gerade ein Auto gekauft und nicht nur nach einem popeligen Poster für umgerechnet vier Euro gefragt!
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