Montag, 16.08.2004 – Großbestellung
Heute wird mein Sonnenbrand allgemein bewundert, während ich weitere CDs einlese. Ich versuche auch, Berichte zu schreiben, aber wegen der reichlich engen Zeit wird daraus zumindest nicht viel. Zwischendurch helfe ich BiRei, soweit mir möglich, bei ihren Reisevorbereitungen, z.B. wie sie vom Flughafen „Charles de Gaulle“ in die Pariser Innenstadt zu der von ihr ausgesuchten Jugendherberge kommt, die den klangvollen Namen „d’Artagnan“ trägt, und natürlich, mit welchen Bussen sie von wo aus wieder zum Flughafen zurückkommt, falls nötig. Wie es scheint, will sie von Paris aus weiter nach Venedig, und zwar mit dem Zug. Dazu suche ich ihr Stadtpläne und versorge sie mit den wichtigsten Informationen der Seiten, deren Sprache sie nicht beherrscht. Vor allem gebe ich ihr den Rat, für innereuropäische Flüge auf die Gesellschaft „RyanAir“ umzusteigen, weil es billiger ja kaum noch geht. Sie muss aber schon ein bisschen irre sein, die kleine Chinesin, wenn sie ohne europäische Sprachkenntnisse, abgesehen von einem sehr rudimentären Englisch, durch halb Europa reisen will, und das ohne irgendwelche Begleitung.
Danach verdrücke ich mich bis 17:00 in den Computerraum, denn um Fünf ist wie üblich Schluss. Ich fahre ins Ito Yôkadô. Dort wurde neuerdings eine „Listening Station“ installiert, also eine Art „Jukebox“, mit der man sich (45 Sekunden lange) Ausschnitte aus allen möglichen Musikstücken anhören kann, um sich so die Kaufentscheidung zu erleichtern. Die Bestellinformationen zu dem, was einem gefällt, kann man dann per Knopfdruck auf einem kleinen Zettel ausdrucken. In Tokyo gibt es kein Zeitlimit bei der Spielzeit, man kann sich das ganze Lied, die ganze CD anhören, so lange man keine anderen Kunden an der Benutzung hindert. Eine Zeitbegrenzung ist vor allem dann unpraktisch, wenn man vielleicht einen Song sucht, der fünf Minuten lang ist und ein Intro von einer Minute oder mehr hat – dann kriegt man den Hauptteil überhaupt nicht zu hören. Wie dem auch sei, das, was da ist, ist wesentlich besser als nichts, und ich bedauere sehr, dass denen das erst zwei Wochen vor meiner Abschiebung zurück nach Deutschland einfällt. Ich nehme das Gerät zwei Stunden lang in Beschlag (während denen auch niemand ein wahrnehmbares Interesse an dem Apparat zu haben scheint) und suche alles, alles! an Musik raus, was in Japan produziert wird und für mich irgendwie von Interesse sein könnte, von dessen Kauf ich früher aber mangels Hörmöglichkeit abgesehen habe.
Und während ich mir all das anhöre, läuft auch eine Single über Lautsprecher in der Abteilung, und ich will den Song auch unbedingt haben, weiß aber weder Titel noch Interpret. Also sage ich der gerade greifbaren Verkäuferin schnell, dass ich das Lied haben wolle. Sie geht zum Regal, muss mir aber mitteilen, dass der Wochenvorrat ausverkauft sei. Morgen seien aber wieder neue da. Natürlich bin ich jetzt gerade blöde genug, mir die Daten nicht mitteilen zu lassen…
Am Ende dieses Marathons lege ich dem Verkäufer Bestellzettel für zwölf CDs vor, die ich haben möchte. Er hat auch nicht schlecht gestaunt. „Das wollen Sie alles bestellen!?“ Eine schnelle Überprüfung zeigt, dass von diesen zwölf Scheiben wohl sieben Stück lieferbar sind. Die übrigen werden entweder nicht mehr hergestellt oder aber die Vertriebsfirmen existieren nicht mehr. Das betrifft ausgerechnet den „Animetal Marathon II“ und den „Animetal Lady Marathon“, von denen ich ganz feste hoffen muss, dass sie irgendjemand (Hiroyuki! Hiroyuki! Mein Topp-Agent in Tokyo!) mal in einen Secondhand-Laden entdeckt.
Bezüglich meiner umfangreichen Bestellung macht der Verkäufer nur einen Bestellzettel für mich, schreibt „7 CDs“ drauf und fügt meinen Namen hinzu. Die Adresse und Telefonnummer sparen wir uns inzwischen, weil man hier weiß, dass ich alle paar Tage vorbeikomme und keine Benachrichtigung brauche. Dass wir uns noch nicht mit den Vornamen ansprechen, ist gerade alles, was noch fehlt.
Auf dem Rückweg esse ich eine kleine, eher symbolische Portion Gyûdon im „Sukiya“. Ich werde keine Gelegenheit mehr haben, hier zu essen, und es war das erste Restaurant, in dem ich nach meiner Ankunft in Japan gegessen habe – zusammen mit Yui, als wir meinen Futon gekauft haben.
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.