Freitag, 13.08.2004 – Seelenwanderung
Um 08:40 bin ich im Center, verschiebe Daten und bearbeite währenddessen meine Post. Zum Brennen meiner Datensätze erhalte ich leider keine Gelegenheit, weil ich keine Rohlinge mehr habe und der Laden an der Uni geschlossen ist. Ich muss also bei Gelegenheit ins ItoYôkadô fahren und dort welche kaufen.
Dann bin ich mit der Post fertig, aber mit dem Kopieren noch lange nicht. Auch das Lesen im Forum dauert nicht so lange wie meine Datenübertragung vom Download-Computer auf den Brennerrechner, also lese ich, was von „Kevin & Kell“ (up to date) noch übrig ist. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass diese Geschichte inzwischen einfach zu lange ist. Es werden immer wieder abgedrehte Plots eingeführt, aber das geht mir so langsam zu weit. Auch, dass die Zeit stillsteht, geht mir auf den Wecker. Die dargestellte Familie hat 1995 Nachwuchs bekommen, und der ist bis 2004 nicht älter als ein Jahr geworden. Ähnliches gilt für die anderen Charaktere, z.B. die Kinder, die ja längst mal aus der Highschool raus sein sollten. Ein reichlich unflexibles Konzept… es sollte hat doch irgendwann mal Schluss sein, und sei es eben wegen des steigenden Alters der Charaktere, die aus dem ursprünglich geplanten Konzept herauswachsen. Auch der „Cosby Clan“ hat schließlich das Fortschreiten der Zeit nicht überlebt, trotz Verzögerungstaktiken.
MinJi ist nach langer Zeit auch mal wieder da. Ich habe sie seit längerem nicht gesehen, und gerade während Neputa war sie nicht da. Sie sagt, dass sie die ganze vergangene Woche faul auf ihrem Bett gelegen und keine Motivation verspürt habe, Neputa zu sehen. Ich möchte aber eher annehmen, dass sie ihre Tage hatte und es ihr wohl zu mies ging, um sich die Nächte mit Feiern um die Ohren zu schlagen, aber das sage ich ihr natürlich nicht.
Und dann hält mich dieser ganze Mist bis um halb Vier am Nachmittag auf! Dabei hätte ich zu gerne die „SailorMoon Show“ im Ito Yôkadô gesehen. Ich habe vor lauter Arbeit nicht mehr dran gedacht. „Fünf junge Frauen in engen und kurz geschnittenen Kostümen“ klingt an sich reizvoll, aber dann diese lustigen kugelrunden Kopfmasken??? Man kann auch übertreiben, was die Herstellung einer Ähnlichkeit mit den Originalcharakteren betrifft. Die Fans in Tokyo haben Glück – die können Live-Shows der Schauspielerinnen sehen, die zwar nicht die besten ihres Faches sind, aber zum Teil irre gut aussehen. Schade, wäre bestimmt lustig gewesen. Vor allem frage ich solche Leute immer gerne, ob man sich nicht allgemein ein bisschen doof dabei vorkommt, in einem Kostüm herum zu rennen (was in Japan mit starken sexuellen Untertönen verbunden ist) und einen auf „genki!“ (etwa: „lebhaft“) zu machen. Ich habe eine ähnliche Anfrage auch schon an die offizielle Adresse von Sawai Miyu (Usagi) geschickt, aber keine Antwort erhalten. Um genau zu sein, wollte ich wissen, wie man sich bei dem Gedanken fühlt, dass hunderte von männlichen Zuschauern die Show nur deshalb anschauen, weil es eine Menge Unterwäsche zu sehen gibt. Vielleicht war diese Frage etwas zu hart.
Ich versuche daraufhin, den Rechner, von dem ich meine Daten heruntergenommen habe, zu formatieren, aber wenn ich in den MS-DOS Modus wechseln will, stürzt das Gerät ab. Und ich habe leider keine Ahnung, wie man eine Festplatte formatiert, ohne MS-DOS zu verwenden. Ich sehe also stattdessen zu, dass ich meinen fünf Seiten langen Bericht über den 19.07. fertig gebacken bekomme, was mit den Schlusszeiten des Informatikgebäudes auch gerade so hinhaut.
Im Ito Yôkadô kaufe ich einen 10er Pack CDs (und hoffe, dass ich nicht mehr brauche), bestelle den Titelsong „Pleasure“ der „Crayon Shin-chan“ TV-Serie, und auch noch auch noch das aktuelle „Doraemon“ Schlusslied „Aa, ii na“. Zu meinem Erstaunen (oder Entsetzen) stelle ich fest, dass das Lied von zwei „Morning Musume“ Mädchen aus dem so genannten „Hello Project“ gesungen wird. Aber gut, auch ein blindes Huhn trinkt mal ein Korn und mir gefällt das Lied, also kann ich die Single auch kaufen. Sie wird am 18.08. erst neu erscheinen, also bekomme ich wohl eine der ersten überhaupt. Vielleicht sind ja brauchbare Gimmicks drin.
Dann fahre ich in Richtung Heimat und sehe Leuten beim Feuermachen vor ihrer Haustür zu. Heute beginnt nämlich O-Bon, das japanische Totenfest, und das Feuer soll die Seelen der Ahnen zum Haus zurückführen. Wie die Geister vor lauter Feuern das richtige Haus finden und wie das funktioniert, weil die Ahnen (wegen der höheren Mobilität der modernen Gesellschaft) ja eventuell ganz wo anders gewohnt haben, ist mir nicht klar. Ich bin sicher, die finden ihre lebenden Nachfahren auch ohne Feuer, aber ohne Feuer ist es weniger romantisch, und es unterstützt auch die sentimentale Stimmung.
Weil ich gerade an der entsprechenden Straße vorbeifahre, unterhalte ich mich ein wenig mit den Großeltern Jin und der Schwester der Großmutter und deren Sohn, der das unglaubliche Ereignis eines brennenden, 20 cm hohen Kleinholzfeuers auf Video festhält. Die beiden sind extra aus Tokyo angereist, weil der originale Familiensitz ja in Hirosaki liegt. Ähnliches gilt für Mutter Eiko, die mit ihren beiden Kindern in ihr Heimatdorf nördlich von Hachinohe gefahren ist, um O-Bon bei ihrer „Stammfamilie“ zu verbringen. Die drei werden am kommenden Donnerstag wieder zurück sein. Dr. Jin ist, wie üblich, arbeitsmäßig gebunden und daher nicht anwesend.
Mich hätte ein „Bon-Odori“, ein „Totenfest-Tanz“ (oder „Totentanz“, wie mir scherzhaft durch den Kopf ging) interessiert, aber man erzählt mir, dass es in Hirosaki keinen zentral organisierten Tanz gebe. Der eine oder andere Kulturverein mache das sicher, aber dann im kleinen Rahmen und nicht in der breiten Öffentlichkeit, und man könne mir nicht sagen, wo ich einen zu sehen bekommen könnte.
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