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Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

11. Juli 2024

Sonntag, 11.07.2004 – Spielen am Bach

Filed under: Japan,My Life — 42317 @ 7:00

Um 06:00 bin ich wieder auf den Beinen. Warum stehe ich so früh auf? Weil Melanie für uns heute einen Trip organisiert hat, für den wir um 09:00 abholbereit am Hotspar stehen sollen. Bis zu dem Zeitpunkt gehe ich noch davon aus, dass es sich dabei um eine von der Universität getragene Aktion handele, aber wir werden dann schließlich mit etwas Verspätung von der Frau (und ihrer Familie) abgeholt, die sich hin und wieder mit Melanie trifft, um ihr gelerntes Deutsch nicht einrosten zu lassen. Ich habe mir ihren Namen nicht gemerkt, und wir wurden einander auch nicht explizit vorgestellt. Aber gut, was den Ausflug betrifft, ist mir natürlich völlig egal, auf welchem Wege das Ziel letztendlich erreicht wird, mit der Uni oder auf private Weise, aber was mich nicht begeistert, ist das Wetter. Die Regenzeit macht nämlich ihrem Namen ausnahmsweise alle Ehre. Es regnet, mit kurzen Pausen, seit gestern Abend, was mich nicht davon überzeugt, dass ein Ausflug heute eine tolle Idee ist. Trotzdem lasse ich mich dazu breitschlagen. Wir werden ja noch einige Kilometer zu fahren haben, bis wir im Shirakami Naturschutzgebiet sind, vielleicht bleibt das Gebiet ja vom Regen verschont. Außerdem möchte ich auch nicht, dass Melanie die Reiseverpflegung umsonst vorbereitet hat (und ich will sie auch nicht vergeblich in dieser Extratour gestern Abend eingekauft haben).

Die Familie fährt einen Wagen namens „Raum“, das deutsche Wort steht groß auf der Heckklappe, und der heißt wohl so wegen des großzügigen und familienfreundlichen Innenraums. Aus dem Radio tönt entspannende klassische Musik, die mich auch sehr bald an die Grenze zum Land der Träume schickt.

Am Besucherzentrum des Shirakami-Gebietes regnet es tatsächlich nicht, aber der Himmel verheißt nichts Gutes. Während wir dann in einem Seminarraum im Inneren des Gebäudes sitzen und von den verantwortlichen Organisatoren hören, um was es denn hier eigentlich geht, fängt es an, wie aus Gießkannen zu regnen. Der Regen schwächt sich im Laufe des Diavortrags über die heimischen Flussinsekten etwas ab, bleibt aber.

Wir fahren dann in einem kleinen Bus noch einmal einige Kilometer in die Berge, bis wir zu einem Bach gelangen, an dem wir uns dann niederlassen. Die Gegend sieht auch gar nicht schlecht aus. Ich komme mir ein bisschen vor wie in den Alpen, abgesehen davon, dass die Vegetation anders ist. Hier herrschen Buchenwälder vor, während ich in den Alpen in erster Linie Nadelwälder in Erinnerung habe.
Die Organisatoren unserer kleinen Reise erforschen die Fauna in den hiesigen Bächen und bauen Mikroskope und Schalen auf, um die Tiere, die wir fangen, betrachten und mit ins Labor nehmen zu können. Wir erhalten zunächst jeder etwas, das aussieht, wie ein großer, gelber Bierkrug, nur aus Plastik und mit einem Boden aus durchsichtigem Material versehen. Dieses Ding setzt man ins Wasser und kann somit in aller Klarheit den Boden des Baches betrachten, den man eben sonst wegen der Kräuselung der Wasseroberfläche nicht sehen kann. Wir bekommen auch kleine Netze und Sammelschalen, um die Krebse und dergleichen einsammeln zu können. Ich interessiere mich allerdings bald weit mehr für schöne Steine aus dem Bachbett als für Kleinkrebse, die ich schon von zuhause her zu Genüge kenne. Außerdem wollen die Krebse sicherlich ebenso wenig gestört werden wie ich, wenn ich gerade einen ruhigen Nachmittag verbringe. Ich nehme zwei Steine mit, die mir gefallen und buddele weiter im Sand des Bodens, um vielleicht noch mehr zu finden.
Da ich andauernd die nackten Hände im Wasser habe, kann ich sagen, dass es nicht geschadet hätte, wenn ich mit Latschen ins Wasser gegangen wäre. Es ist nicht so kalt, wie ich das von Wasserläufen dieser Art gewohnt bin. Aber die mitgebrachten Latschen sind überflüssig. Meine Kampfschuhe BW sind wasserdicht und machen mir keine Probleme dabei, im Wasser spazieren zu gehen. Melanies Schuhe haben offenbar undichte Stellen im Bereich der Zunge oder aber dort, wo sich das Leder wegen der ständigen Schrittbewegung am oberen Ende der Zehen biegt. Ihre Füße werden nass. Und dann fängt es auch hier an zu regnen. Es nieselt in einem stärkeren Ausmaß, könnte man wohl sagen, aber es reicht aus, um nass zu werden, wenn man keine Regenkleidung hat, so wie ich. Aber wie immer ist der Regen nicht das, was ich „kühl“ nennen würde, also macht es mir auch nichts aus.
Aber es macht anderen Leuten was aus, und der Ausflug endet eine Stunde vor dem geplanten Schluss. Wir steigen wieder in unseren Bus und fahren zum Besucherzentrum zurück, wo sich die Gruppe schnell auflöst. Irgendwie hatte ich noch damit gerechnet, dass es eine Art Schlussbesprechung geben würde, aber das blieb Spekulation.

Wir fahren also wieder nach Hause, und dort wartet auch noch die eine oder andere Arbeit auf uns. Der ganze Krempel für die anstehenden Klausuren lernt sich ja nicht von allein. Ich fühle mich allerdings ziemlich erschlagen, und weiß noch nicht einmal genau, woher. Ich stehe ja auch sonst oft genug um 06:30 auf, und habe damit heute nur eine halbe Stunde weniger geschlafen als sonst. Trotzdem muss ich mich erst mal eine Weile hinlegen und schlafe zwei Stunden lang, bevor ich mich dann abends mit wesentlich klarerem Kopf an irgendwelche Aufgaben setzen kann.

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