Dienstag, 06.07.2004 – Die Apfeltöchter
Kondô-sensei hat heute einen Mann eingeladen, der gleich zwei Geschäfte betreibt. Zum einen ist er Gebrauchtwagenhändler und konzentriert sich bei seinen Ausführungen auf die japanische Version der TÜV-Abnahme. Der entscheidende Faktor bei der Kostenberechnung ist das Gewicht des Fahrzeugs, und der Spaß kostet in Japan das Dreifache dessen, was man in Deutschland blechen muss. Das klingt auf den ersten Blick unheimlich teuer, also will ich natürlich wissen, was ich für mein Geld bekomme. Er beschreibt zuerst die Sicherheitschecks und all das, was ich selbst kenne, aber das Interessante kommt danach: Der japanische TÜV schließt nämlich die Zahlung der Kfz-Versicherung und –steuer mit ein. Vergleicht man dann diese Posten als Ganzes mit dem deutschen Gegenstück, kommt man darauf, dass Autofahren (abgesehen von den überteuerten Autobahnen) in Japan deutlich billiger ist, als in Deutschland. Für einen Benz bezahlt man alle zwei Jahre um die 1000 E, und da ist alles mit drin.
Natürlich ist das kein allzu tiefer Einblick in die Geschäftswelt des Gebrauchtwagenhandels gewesen. Es ist kompletter Unsinn, zwei Geschäftszweige in einer Doppelstunde besprechen zu wollen, er hätte einen zweiten Termin bekommen sollen, wie auch der Versicherungsmensch vor einigen Wochen. Zum anderen ist der Herr nämlich der Manager der Firma „Ringo Music“, die nichts mit dem Schlagzeuger der Beatles zu tun hat. „Ringo“ ist das japanische Wort für „Apfel“, und welchen treffenderen Namen könnte es für eine solche Gesellschaft mit Sitz in Hirosaki geben? Es geht dieser Firma um die Förderung lokaler Talente und er stellt uns „Ringo Musume“ vor, die „Apfeltöchter“. Es handelt sich dabei um fünf junge Frauen, die man eigentlich besser „Mädchen“ nennen sollte, angesichts der Geburtsdaten zwischen 1987 und 1992.
Er hat Magazine mitgebracht, in denen die Fünf (die öfters anscheinend nur zu viert auftreten) abgedruckt und vorgestellt worden sind, darunter eines, das, anderen Artikeln nach zu urteilen, definitiv für Männer gedacht ist. Außerdem hat er eine CD dabei, die kürzlich erschienen ist. Zu meinem Gefallen handelt es sich dabei nicht um den üblichen 08/15 J-Pop. Die Mädchen haben irgendwo was eigenes, und die Musik ist ruhiger als das, was ich von anderen Gruppierungen kenne, die sich ebenfalls „Musume“ nennen. Und von denen gibt es nicht so wenige, wie man annehmen könnte. Aber ich kenne außer „Ringo Musume“ nur eine weitere selbst, und die reichen mir eigentlich völlig für alle anderen Vertreter der „Töchterbands“. Das herausragende Kriterium von „Ringo Musume“ ist die Live-Band, die für die Hintergrundmusik sorgt. Bei „normalen“ Gruppen sind nämlich Melodien vom Band, bzw. von CD üblich. Sie singen auch besser als „Morning Musume“, aber das ist nicht schwer. Die Texte von „Ringo Musume“ haben natürlich dennoch einen literarischen und philosophischen Anspruch wie ein Drei-Groschen-Western von G.F. Unger. Lustig ist allenfalls noch, dass die Künstlernamen der Mädchen mit den Bezeichnungen verschiedener Apfelsorten identisch sind. Kleidung und Auftreten richtet sich nach Farbe und Geschmack des Apfels.
Wir bekommen zwei Seiten Ausdrucke aus einem amerikanischen J-Pop Forum, in dem die Apfeltöchter nur miese Kritiken bekommen haben. Ein schneller Blick in das Forum sagt mir später, dass es sich bei den Kommentatoren um eingefleischte „Morning Musume“ Fans handelt, die ihren Senf dazu abgeben, dass „Ringo Musume“ sich dem „Hello Project“ anschließen möchte. Ich will das nicht weiter ausführen; in Kürze handelt es sich dabei um ein organisatorisches Gebilde von (meiner Meinung nach oft wenig gesangsbegabten) Künstlerinnen im Dunstkreis von „Morning Musume“. Das „Hello Project“ ist allerdings sehr populär, und wer auch immer da mitmacht, kann mit steigenden CD-Verkaufszahlen rechnen. Wenn die Apfeltöchter wissen wollen, was gut für ihren Ruf ist, sollten sie den Plan lassen und lieber mittelmäßige eigene Lieder statt schlechte fremde Lieder singen. Aber der Kernpunkt des Eintrags ist die Internetadresse, von der man ein 80 MB großes Video der Apfeltöchter aus dem Internet runterladen kann, um sich ein Bild zu machen. Ich stelle nach dem Unterricht die Downloadadresse dem Animetric Forum zur Verfügung und bin gespannt, ob irgendjemand darauf reagiert. Ich wage es ja zu bezweifeln.
Am Abend habe ich einen ganz furchtbaren Appetit auf Fleischspieße und Oden, also gehe ich mit Melanie zu der entsprechenden Bude, um zu essen. Allerdings soll es dabei nicht bleiben und wir gehen um kurz nach Neun noch ins Skatt Land und lassen den Fleischspießen noch eine Pizza folgen. Allerdings erwische ich schon wieder eine, die nicht gebacken, sondern frittiert wird, und die sind meines Erachtens nicht sonderlich toll. Vielleicht sollte ich in Zukunft einfach bei Mixed, Thunfisch und Curry Pizza bleiben. Viel Zeit, im Skatt Land zu essen, habe ich ja nicht mehr.
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