Samstag, 12.06.2004 – Anprobe
Gemäß der Einladung, es geht um den Erwerb einer Schuluniform, finde ich mich um 09:55 bei Jins Haus ein. Wir, Vater Jin Yûtaka und meine Wenigkeit, setzen uns ins Auto und fahren zum Ito Yôkadô. Aha, also wurde offenbar die einfachste Lösung gewählt. Der Schneider erkennt mich auch tatsächlich wieder und meint „Ich habe Sie doch schon einmal gesehen, oder?“ Ja, ich bin vor zwei Monaten bereits einmal hier gewesen und habe Preisinformationen eingeholt.
Er hat also zwei übergroße Uniformen kommen lassen und ich probiere sie an. Die passen wunderbar, nur die Hosenbeine und die Jackenärmel sollten ein wenig gekürzt werden. Die Hose ist etwas weit (ich nehme die mittlere angebotene Größe), aber er sagt, das sei normal und besser so.
Ich habe bei der Jacke extra darauf geachtet, dass ich mich ungestört bewegen kann und nicht gleich den Rücken aufreiße, wenn ich mich bücke oder mit dem Armen rudere. Schultern und Brust sind kein Problem. Das Ändern kostet nichts extra, das fällt unter „Service“. Na, ich will das auch gehofft haben, immerhin reden wir hier von einer ziemlichen Menge Geld, die den Besitzer wechseln wird. Ich bitte auch um andere Knöpfe. Die Standardausführung wird mit „Chû“ Knöpfen geliefert, also mit dem Symbol für eine Mittelschule. „Kô“ (für Oberschüler) würde ich mir noch gefallen lassen, aber „Dai“ (für Hochschule, Universität) wäre mir natürlich am liebsten. Man müsse nur im Seikyo anfragen, ob es solche Knöpfe auch gebe, sagt er, aber ich müsse diese Kosten dann selbst tragen.
Während ich meine eigenen Hosen wieder anziehe, geht Jin-san mit dem Schneider zur Kasse und erledigt die Anzahlung. Als wir dann zum Auto zurückgehen, sagt er: „Du hast nächsten Monat Geburtstag, also betrachte die Anzahlung bitte als Geschenk.“ Da klappt mir dann doch die Kinnlade runter und ich bedanke mich reichlich stammelnd, weil mir gerade die Worte fehlen. Immerhin geht es hier um 10.000 Yen, und das ist knapp ein Viertel des zu zahlenden Preises. Mir bleiben also noch 35.000 Yen Eigenkosten zzgl. des Preises für die Knöpfe. Ich werde noch eine schriftliche Dankbezeigung an ihn richten… ich habe mir eine Menge „Giri“, „Ehrenschuld“ möchte ich das nennen, aufgebürstet.
Ich möchte auch noch ein „Geheimnis“ des englisch-japanischen Vokabulars einschieben, weil ich Dr. Jin in eben diesem Moment, beim Verlassen des Parkhauses, um eine Erläuterung bitte. Es geht um einen Ausdruck, den man in der Werbung oft hört: „Dramatic“. Im Winter war auf Werbeplakaten die Rede von „Dramatic Christmas“ und eine Immobilienfirma wirbt derzeit mit dem Slogan „Dramatic Life for you“. Wenn ich das nun lese, verstehe ich „Dramatische Weihnachten“ und „Ein dramatisches Leben für Sie“, und das klingt für mich alles andere als positiv. Das klingt nach Schlagzeilen in einer Tageszeitung, nach ungewollter Action, nach Stress. Jin-san erklärt mir, dass der Begriff in Japan ganz anders aufgefasst werde: „Wie im Film“ – was mir andeutet, dass die Japaner den Begriff mit einer ursprünglicheren Konnotation auffassen, als es die westliche Welt heutzutage tut. Er findet meine Erläuterung „dramatischer Weihnachtstage“ lustig. Schwarzeneggers „Jingle all the Way“ („Versprochen ist versprochen“), das sind „dramatische Weihnachten“!
Wir fahren aus der Straße raus auf den Parkplatz des McDonald’s Restaurants, in dessen Inneren der Rest der Familie auf uns wartet. Aha, ein abgekartetes Spiel! Ich muss mich zuerst mit Händen und Füßen dagegen wehren, mir ein Essen ausgeben zu lassen, denn erstens mag ich McDonald’s nicht besonders, zweitens habe ich erst vor kurzem gefrühstückt und drittens habe ich mir heute schon genug für die nächsten paar Jahre ausgeben lassen. Ich schaffe es schließlich, mich mit dem Argument, dass man von dem Zeug nur fett werde, zu retten, was mir nicht nur einen belustigt-strengen Blick mit angehängtem Kommentar der Mutter einbringt („Bis Du fett wirst, dauert’s noch ein bisschen!“), sondern auch noch eine Portion kalorienarmen Salat mit weniger kalorienarmen Pommes Frittes als Beilage.
Die Familie bespricht schließlich die Aktivitäten für den Monat Juli. Ob ich nicht beim Kleben der Lampenschirme für das Neputa-Fest im August helfen wolle? Sicher, warum auch nicht? Man sollte von mir keine Glanzleistungen in Sachen Fingerfertigkeit erwarten, aber Papier auf ein Gestell kleben sollte nicht allzu schwer sein.
Interessant ist auch das „80-Prozent-Gespräch“. In Japan ist die Zahl Acht eine Glückszahl, weil das Zeichen aus zwei Strichen besteht, die, wie ein Zelt, unten weiter auseinander stehen als oben. Im japanischen Sinne steht das für eine positive Entwicklung. Und deshalb sagt man hier, dass man gesund lebe, wenn man jeweils 80 % von dem esse, was man maximal verdrücken kann. Ich frage den Vater, was er als Arzt von dieser Aussage halte. Er meint, er glaube daran, begründet seine Meinung aber mit oben genannter Numerologie. Eine irgendwie wissenschaftliche Erläuterung fällt ihm entweder nicht ein, oder aber er will mir den Fachvortrag ersparen. Ich denke also nicht weiter darüber nach.
Yûtarô verabschiedet sich irgendwann, und eine halbe Stunde (und ein paar Fotos) später treten auch wir übrigen den Rückweg an. Yûmiko und ihre Mutter fahren mit dem Fahrrad nach Hause, ich werde mit dem Auto gefahren. Ich nehme mein Fahrrad wieder auf und fahre zur Bibliothek. Es ist heiß heute, und allein der Gedanke daran, gerade eben einen tiefschwarzen Anzug bestellt zu haben, lässt mich in Schweiß ausbrechen.
Frank nimmt mein Waffenstillstandsangebot an und fasst es auch nicht als Kapitulation auf. Aus gutem Grund: Der Punktestand zeigt 56:38 Punkte für mich an – aber der hätte sich binnen weniger Spielzüge geändert. Was ich als wirklich ausschlaggebend ansehe, ist die Tatsache, dass die Moral der zum Angriff angetretenen Briten auf 40 % und damit sogar unter die deutsche Endmarke von 42 % gefallen war. Ich würde in Realität von einem reichlich blutigen Unentschieden ausgehen. Auf die Faktoren, die dazu geführt haben, will ich aber nicht weiter eingehen. Wer möchte, kann ja meinen Bericht lesen. Er ist mehr als 30 DIN A4 Seiten lang, in englischer Sprache. Die Fehleranalyse schreibe ich morgen, aber ich werde wohl auch damit die 40-Seiten-Grenze nicht überschreiten.
Die heutige „SailorMoon“ Episode ist ein wenig verwirrend. Mio fällt vor Mamorus Motorrad auf die Straße und er bringt sie ins Krankenhaus, wo sie sich, nachdem sie wieder aufgewacht ist, übereifrig an ihn heranmacht – was nur deshalb möglich ist, weil er aus unerfindlichen Gründen bei ihr bleibt, anstatt sie einfach dem Arzt in die Hand zu drücken und wieder zu verschwinden. Ich habe mal gelesen, dass Retter dieser Art in Japan lieber anonym bleiben, um der Person, der man geholfen hat, nicht das Gefühl zu geben, sich eine Verpflichtung aufgeladen zu haben. Ob das nun stimmt, sei dahingestellt. Vielleicht folge ich mal dem Beispiel des „Helden“ unserer Hörübungen im Japanischunterricht und frage fünfzig Leute auf der Straße…
Als nächstes schmieden Zoisyte und Venus (interessante Konstellation) einen finsteren Plan, dessen Zweck ich nicht wirklich verstanden habe, aber es geht darum, dass Usagi Mamoru vergessen soll. Die englische Zusammenfassung der Episode auf der Genvid-Seite im Internet verrät mir, dass nach der subjektiven Logik der beiden ungleichen Verschwörer das Zusammenkommen von Usagi und Mamoru (= Prinzessin Serenity und Prinz Endymion) zu einer Wiederholung der Geschichte des Mondreichs führen werde = die Welt wird mal wieder untergehen, und das wollen wir natürlich vermeiden. Das Werkzeug, das den Gedächtnisschwund herbeiführt, soll eine klimpernde Spieluhr sein. Minako lädt Usagi also zum Essen ein und spielt den Amnesiewalzer mit der Spieluhr, worauf Usagi theatralisch von ihren Erinnerungen an Mamoru verlassen wird.
Währenddessen verschleppt Mio, tatsächlich eine „direkte“ Agentin von Königin Beryllia, den hypnotisierten Mamoru auf irgendein Dach (ich nehme an, weil man dafür keine Straße sperren und Leute evakuieren muss, um in Ruhe drehen zu können). Vielleicht will sie ihn in die Selbstmordstatistik eingehen lassen? Nein – Beryllia will den schnatzen Kerl (den halbverhungerten Spargeltarzan) für sich selbst haben! Kunzyte erscheint und greift Mio an, weil er plant, Mamoru (Endymion) als Trumpfkarte gegen die Königin einzusetzen, der er nicht sonderlich viel untertänige Verehrung entgegenbringt, aber Mio wird von Jedyte beschützt, der ja immer noch äußerst loyal zur Königin steht. Dann kommen SailorMoon und SailorVenus und der aus seiner Hypnose erwachte Endymion dazu, und jeder kämpft so irgendwie mit jedem. Ich habe völlig die Übersicht darüber verloren, wer hier warum mit wem gegen wen paktiert!
Schön ist dann wieder die Szene, wo Venus zwei Karten für ihr (Minakos) Konzert an Usagi überreicht, die überhaupt nicht versteht, warum sie Karten für Minakos Auftritt von SailorVenus erhält. Mamoru glaubt nicht, was er da sieht, und er sieht ein herrlich dämliches Gesicht, das Sawai Miyû so hervorragend hinbekommt. Das hat die Hauptdarstellerin ihrem zweidimensionalen Vorbild voraus.
Ich glaube auch nicht, was ich da sehe, wenn auch aus anderen Gründen. Rei (Mars) hat vor Wochen bereits herausgefunden, dass Minako SailorVenus ist, und sie hat es nicht weitererzählt? Hat sie in der Kirche, die sie hin und wieder besucht, vielleicht eine Nase zu viel vom Weihrauch genommen? Vielleicht ist mir aber einfach nur entgangen, dass Venus darum gebeten hat.
Außerdem entsteht in der Szene die berechtigte Frage, woher Venus (man bedenke, was sie anhat und dass hier gerade wieder gekämpft worden war) die Eintrittskarten hergenommen haben könnte, und das auch noch knitterfrei? In alten Fankreisen ist ja die These anerkannt, dass die Taschen der Röcke der Senshi multidimensional sind und dass da quasi unendlich viel Material reinpasst.
Zum Schluss folgt dann das Konzert, in dem Minako, bzw. Komatsu Ayaka, unter Beweis stellt, dass sie die Bühnentauglichkeit eines C3PO Übersetzungsdroiden hat – eine komplett stocksteife Nummer, die sie da zeigt. Aber sie hat ja einen Grund: Sie ist krank und bricht auf der Bühne zusammen! Theatralisch!
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