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Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

16. Mai 2024

Sonntag, 16.05.2004 – Auf sein Visum sollte man achten!

Filed under: Japan,My Life,Zeitgeschehen — 42317 @ 7:00

Ich sehe mir am Morgen „Zorori“ und „Pretty Cure“ an und verschwinde dann in die Bibliothek. Spannend, gelle?
Kurz vor Schluss schaffe ich es noch, mich über ein neues Mitglied im Animetric Forum zu beschweren, dass sich doch tatsächlich „Der Führer“ nennt… und es ist auch noch ein Deutscher (sofern man seinen Worten glauben kann, denn er könnte auch ein so genanntes Chamäleon sein). Hat der nicht alle Tassen im Schrank? Passenderweise besteht sein erster Eintrag aus einem dicken Lob für das Strategiespiel „Blitzkrieg“, „weil man Hitler und Stalin spielen kann“ (= Deutschland und die Sowjetunion). Mich stört die Begründung, nicht das Spiel – sonst dürfte ich nach eigenen Maßstäben Combat Mission nicht spielen.

Aber Ricci hat eine sehr interessante Mail geschrieben, für die ich ihr auch sehr dankbar bin. Wir sollen auf jeden Fall darauf achten, dass wir unsere Visumsfrist auch einhalten, wie sie auf dem Visum geschrieben steht, sagt sie, und um die Aufforderung zu unterstreichen, schickt sie uns auch einen Zeitungsartikel zum Thema (der auch später wortwörtlich in der „Japan Times“ auftauchen wird):
Zwei US-Amerikaner, beide Studenten auf dem Weg zum Doktor und seit fünf Jahren im Land, hatten wohl offenbar ihr Visum um zwei Wochen bzw. einen Tag überschritten, worauf man sie nicht etwa, wie sie es gerade tun wollten, einfach ins Flugzeug steigen und gehen ließ, nein, die beiden verschwanden für ein paar Tage in Untersuchungshaft! Das Ende vom Lied waren umgerechnet 3000 Dollar Geldstrafe und fünf Jahre Einreiseverbot. Ganz zu schweigen davon, dass sie am Flughafen wie Drogenschmuggler durchsucht und in Handschellen abgeführt worden waren. Man hatte ihnen auch nicht erlaubt, ihre Angehörigen zu verständigen oder überhaupt zu telefonieren, wie das andernorts üblich ist, wo sich die Staatsgebilde ebenfalls „demokratisch“ oder „rechtsstaatlich“ nennen. Von anderen „Visumsverbrechern“ hieß es, dass sie um eine Strafe herumgekommen seien, indem sie einen Entschuldigungsbrief geschrieben hätten… na denn. Aber es soll in Japan Stellen geben, die auf eine Erhöhung der Strafe auf 30.000 Dollar und bis zu fünf Jahren Gefängnis hinarbeiten.
Ich sollte nachfragen, zu welchem Zeitpunkt die letzte Zahlung meines Stipendiums fällig ist. Für den ersten Monat habe ich ja nichts bekommen, also nehme ich doch an, dass ich Ende September 2004 die letzte Zahlung erhalte (sofern zwölf Raten überhaupt geplant sind) – was natürlich nicht geht, wenn ich nicht mehr da bin, und immerhin reden wir hier über etwa 600 E, auf die ich unmöglich verzichten kann. Ich werde also möglicherweise noch ein Touristenvisum beantragen müssen, falls dies für einen Zahlungserhalt notwendig ist und ich nicht länger bleibe.

Und was steht da noch in dem Bericht? Der Gouverneur von Tokyo, offenbar ein bekannter Vertreter der „Rechts-Außen“ Linie, habe geäußert, dass man ein Auge auf Ausländer haben müsse, weil diese im Falle von Erdbeben die Gelegenheit nutzen könnten, Unruhen hervorzurufen! Da geht mir doch der Hut hoch! Man kommt sich ja vor wie im September 1923 – ob man beim nächsten großen Beben in Tokyo ebenfalls wieder Tausende von Koreanern und Chinesen (und Leute, die keinen Tokyo Dialekt sprechen) lynchen wird, weil sie angeblich geplündert und Brunnen vergiftet haben? Ich nehme viel eher an, dass sich damals wohl ein paar Leute eine Darminfektion geholt haben, weil sie das Brunnenwasser ungekocht getrunken haben…
Ja, vor einiger Zeit haben ein paar Chinesen eine vierköpfige Familie in Fukuoka getötet, und Marc erzählt mir, dass es ein vergleichbares Verbrechen auch einmal bei Hirosaki gegeben habe; außerdem seien ungern gesehene Schwarzarbeiter aus den ärmeren ostasiatischen Staaten ein Phänomen, das die Bevölkerung verunsichere.

Eigentlich wollte ich noch ins Denkodô fahren, aber der Nieselregen hindert mich daran… ich weiß ja nicht, ob das Wetter beim Wasser nicht noch einen Gang zulegt. Ich verzichte also lieber… außerdem muss ich noch eine Lektion Kanji vorbereiten.

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