Code Alpha

Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

26. Januar 2007

Im Dienste der Wissenschaft

Filed under: My Life — 42317 @ 11:10

… und meines Geldbeutels bin ich in letzter Zeit viel unterwegs zwischen den verschiedenen heiligen Hallen der Psychologie im D-Gebäude der Uni Trier und am Johanniterufer in der gleichen Stadt.

Eine Weile her bereits ist die Versuchsreihe, ob man unter Adrenalineinfluss besser lernt.
Also: Kanüle intravenös und pumpen. Ich gehörte definitiv (und anschließend bestätigt) nicht zur NaCl-Placebo-Gruppe, denn wenn ich beim Stillsitzen Herzklopfen bekomme, ist mir das verdächtig.

Egal, dieser Tage neuer Versuch, diesmal oben an der Uni und ohne Kanüle. Ein löchriges Mützchen auf den Kopf, Elektroden reinstecken und Bilder beschreiben unter EEG-Aufnahme. Ich bin da beinahe eingeschlafen.
“Entspannen Sie sich möglichst weitgehend.” Zweimal acht Ein-Minuten-Entspannungsphasen mit Augen offen oder zu, dazwischen zwei Bilder junger Frauen, die man dann anhand eines Fragebogens beschreiben soll.
“Finden Sie die Person sexuell attraktiv?”
“Würden Sie mit dieser Frau rummachen wollen?”
“Würden Sie diese Frau heiraten wollen, um eine Familie zu gründen?”
“Halten Sie diese Frau für einfühlsam/chaotisch/intelligen/etc.?”
“Würden Sie mit dieser Frau heute Abend ausgehen wollen?”

(“Nee, bestimmt nicht, heut Abend wird bei Volker gegrillt.”)
12 E gab’s dafür. Guter Stundenlohn.

Man muss halt doch immer mal wieder was neues ausprobieren.
Am Johanniterufer laufen seit Jahren Forschungen zum Thema “Stress”. Offenbar ein großes Projekt in Trier. Nachdem ich schon 2002 und 2003 Cortisol bekommen habe, Speichelproben gesammelt habe und ein “Vorstellungsgespräch” hinter mich bringen musste (wo ich mich jedesmal als fröhlicher Straßenkehrer beworben habe und mit 100 E nach Hause gegangen bin), gab es dieses Jahr wieder Cortisol, aber diesmal nur drei Tage lang Speichelproben und dafür mal wieder ein paar Elektroden für’s EKG.

Und was sollte das mit dem Cortisol?
Ich habe sechs Pillen erhalten, in denen entweder Cortisol oder kein Wirkstoff enthalten war und sollte einen Tag darauf zum Experiment erscheinen. Und da geht es um den “Einfluss von Cortisol auf die Lidschlagkonditionierung”. Klingt toll. Sieht auch einfach aus.
Ein Kopfhörer wurde präpariert, so dass ein kleines Röhrchen in Richtung Auge zeigt. Unter dem betroffenen Auge werden zwei Elektroden angeklebt, die die Reaktion aufzeichnen sollen: In Abständen von 10 bis 15 Sekunden pustet das Röhrchen ein wenig Luft ins Auge, und die Reaktion besteht aus einem Zwinkern. Irgendwann kommt dann ein zumindest nicht unangenehmes Geräusch hinzu, das den Luftzug etwa eine halbe Sekunde zuvor ankündigt, und es kann auch sein, dass kein Luftzug kommt, trotz “Warnsignal”.
Ganz klar: Reagiere ich wie ein Pawlowscher Hund und zucke trotz ausbleibendem Luftzug oder reagiere ich einzig und allein auf Fakten? Ich spüre selbst, dass ich auf das Signal reagiere, aber in nur geringem Ausmaß, und im Großen und Ganzen bleibt mein Lidschlag auf den echten Luftzug beschränkt.
Dabei muss man entspannt einen Punkt an der Wand anschauen, und wenn ich nicht die ganze Zeit die Sekunden zwischen den Impulsen gezählt hätte, wäre ich auch dabei beinahe eingenickt.
25 E für mich.

Aber es gibt auch interessantere Aufgaben, im Folgeversuch. Auf einem Display leuchten Farben auf (Gelb, Weiß, Grün, Rot, Blau) und man muss schnell reagieren, um die gleichfarbige Taste zu drücken. Nach anfänglichen Schwierigkeiten im Bereich von 750 ms steigere ich mich in den kommenden Durchgängen auf 500 ms.
Dabei hat man einen Kopfhörer auf, der vereinzelt ein scharfes, kurzes Rauschen einspielt. Den Sinn habe ich während der Durchgänge nicht verstanden, aber man erklärte mir anschließend, dass das Geräusch eine sich wiederholende Sequenz einleitete. Ich habe zwar bemerkt, dass sich die Farbreihenfolgen dann und wann wiederholen, aber den Zusammenhang mit dem Geräusch habe ich nicht bemerkt. Da ich mich auf meine Reaktionsgeschwindigkeit konzentrierte, ist das Geräusch auch fast komplett in den Hintergrund gerückt.
Dafür gab’s 15 E.

Das einzig unangenehme an dieser Reihe war das EKG. Gegen die Aufzeichnung an sich spricht natürlich nichts, aber diese Klebepads wieder runter zu reißen war hässlich. Erstens habe ich an den fraglichen Stellen z.T. einen deutlichen Haarwuchs (vorne unterhalb meiner rechten Schulter habe ich jetzt dank zweier EKGs in einer Woche eine “nackte” Stelle) und zweitens bleiben Kleberückstände auf der Haut zurück, an denen sich Fusseln festhalten. Es dauert meiner Erfahrung nach zwei bis drei Wochen, bis der Krempel sich wieder abgewaschen hat.

In den vergangenen Jahren war ich so zwei- bis viermal im Jahr Gast im Labor und habe auch nicht schlecht damit verdient. Der Arzt, der die Voruntersuchung macht, kennt mich schon mit Vornamen.

Demnächst soll eine kleine Studie zur Wahrnehmung von Bildeindrücken laufen. Man kann dabei einen Kasten Bier gewinnen – mit dem ich selbst nichts anfangen kann, aber die Beschreibung sagt: “Manche Bilder sind recht blutig, also nichts für schwache Nerven!”
Harhar, da bin ich gerne dabei. Hab ich auch schon gemacht. “Manche Leute haben den Versuch abgebrochen und sind kreidebleich aus dem Versuchsraum rausgekommen”, sagte der Leiter damals. Ich habe die unbeobachtete Zeit nach dem Experiment dazu genutzt, meinen Datenstick an den PC anzuschließen und mir die besten Bilder mit nach Hause zu nehmen.

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