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Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

1. Januar 2011

Die Zeit bleibt nicht stehen

Filed under: My Life — 42317 @ 20:22

Das Jahr 2011 hat begonnen. 2010 bin ich also los, ein Jahr, das stressig anfing und frustrierend endete. Erst habe ich wegen meiner Prüfungen gekotzt, dann habe ich einen unterdurchschnittlichen Universitätsabschluss in Geisteswissenschaften hingelegt, und zum Ende des Jahres war und bin ich noch immer ohne festes Einkommen.
Als ich damals sagte, egal, wie der Abschluss wird, Hauptsache, ich komme hier raus, da habe ich kaum ahnen können, wie sehr sich das bewahrheiten würde.
Jobangebote gibt es nach wie vor, aber da müsste man schon Wirtschaftswissenschaftler sein, Informatiker, oder Ingenieur, vielleicht noch Jurist, und auf der Stufe darunter braucht man einschlägige Berufserfahrungen, am besten mehrere Jahre inklusive Personalführung.

Ein Licht der Hoffnung bleibt paradoxerweise die US Armee in Deutschland, deren “Local National” Programm sogar jemandem mit meinen Qualifikationen Chancen auf ein gutes Einkommen eröffnet. Natürlich habe ich auch da bislang nur Ablehnungen erhalten, aber immerhin habe ich mich bereits ein Dutzend mal beworben, vier weitere folgen am 3. Januar, sobald das Postamt aufmacht, und ich musste bislang nur die bestbezahltesten Angebote wieder schließen, weil nur da und sonst nirgendwo ein Text steht, der besagt, dass ich weitere Erfahrungen und Ausbildungen brauche. In meinem Fall hilft mir das oft belächelte amerikanische System der Ausbildung durch “Learning by Doing”. Je nach Schulbildung werden gewisse Sachen zwar vorausgesetzt, da ich aber als Magister über Stufe 5 verfüge, steht da in der Regel: “Keine weiteren Qualifikationen vonnöten”, während tiefere Stufen Berufsausbildungen oder zumindest Arbeitserfahrung mitbringen müssen.

Ach, was soll’s. Es kommt, wie’s kommt. Reden wir kurz über Weihnachten. Das war dieses Jahr nicht teurer als letztes Jahr, obwohl der Baum natürlich wieder einmal größer war, als im Jahr zuvor. Von dem 35 E teuren Stück wurden dann auch von mir knappe 30 cm abgeschnitten, weil der Baum sonst zu instabil in seiner Halterung stand, und dazu wiederum war eine 35 E teure Säge notwendig, weil ich den Baum nicht mit dem sonst üblichen Brotmesser kürzen konnte, und weil ich die Säge auch noch zu anderen solchen Arbeiten brauche. Da musste zum Beispiel der Flieder im Gau geschnitten werden.
Wie durch Butter. Super Säge. Der Kirschbaum wird sich vermutlich “von allein” erledigen, da die Nachbarn keinen Bock auf Laubkehren haben und das Fällen übernehmen wollen.

Wegen dieses Arguments sind in den vergangenen 15 Jahren übrigens alle Bäume, die in der Nachbarschaft mal standen und mit denen ich gute Erinnerungen verknüpfe, mit Ausnahme kleiner Obstbäume abgesägt worden: Die Birke der Familie Schulz, die Birken und die Tannen der Familie Klein, der wunderschön blühende Baum der Familie Schmöckel, der Walnussbaum auf der großen Wiese hinten, die wohl auch noch der Familie Klein gehört, und nun der zugegeben ausgeuferte Kirschbaum der Familie Philipp, der noch nie ein Schönling war. Schöne, große Bäume sind also an sich gern gesehen – aber bitte mindestens fünfzig Meter vom Grundstück weg.

Eine vorweihnachtliche Freude war mir auch Ronalds Besuch. Leider hatte er wegen terminlicher Verpflichtungen keine Zeit, mit uns, das heißt Karl, Christian, und mir, DSA zu spielen, was er sehr bedauert hat. Eigentlich müsste ich auch einen Text fertig schreiben, den ich ihm versprochen habe, anstatt mich hier in Selbstgefälligkeit zu ergehen. So selbstgefällig, wie die Geschichte, dass ich mich bei Textbroker angemeldet habe und mein Textbeispiel, anhand dessen bewertet wird, was für Qualitäten von mir zu erwarten sind, mit vier von fünf Punkten beurteilt worden ist – fünf bekommen nur professionelle Autoren. Vielleicht lässt sich dort also etwas Geld dazuverdienen, durch Texte auf Bestellung.

Ach ja, Weihnachten: Sehr beschaulich, dieses Jahr. Melanie, Ricci, und meine Wenigkeit. Sogar Melanie hat nachher bemerkt, dass drei Leute ein bisschen zu wenig war. Ich hätte ja auch gern noch jemanden eingeladen, QiuPing und ihren Mann Wei zum Beispiel, aber Melanie war sich wegen ihrer Abschlussarbeit bis auf den letzten Drücker nicht sicher, ob sie Weihnachten überhaupt mit Gästen feiern wollte. Und zu guter Letzt wollte Tino dieses Jahr seine Ruhe haben.
Ach, was mussten die sich mitten im Jahr in die Wolle kriegen? Die Streitigkeit wurde zwar offiziell beigelegt, aber ich fürchte, dass ich meine glücklich zu Stande gebrachte Shadowrun-Spielgruppe nach der ersten kleinen Kampagne gleich wieder vergessen kann.

Weihnachten will nicht, glaube ich. In meinen Artikel hier, meine ich. Ich rede immer noch drum herum. Ich überspringe dann einfach mal das Wetter. Wir haben alle gemerkt, dass es sehr kalt und verschneit und zum Teil unangenehm glatt war. Meine Gedanken zum Thema Automobil will ich noch für mich behalten, weil ich noch nicht weiß, welche Ergebnisse aus den letzten Aktionen hervorkommen werden.

Komme ich jetzt zu Weihnachten? Ja, los: Abgesehen von etwas Bargeld habe ich von Freunden vier Dinge geschenkt bekommen – drei DVDs (Lawrence of Arabia, Salvador, Kinskis Jesus Christus Erlöser) und ein Spiel (Grandia 2 für PC). Die Uniform eines Oberstleutnants der Infanterie der Vietnamesischen Volksarmee, die ich ein paar Tage zuvor vom Kameraden Ritter erhalten hatte, war nicht für Weihnachten, sondern mir aus Anlass meines Studienabschlusses geschenkt worden.
Aus Japan hat man mir einen Sushi-Kugelschreiber (da stehen die Kanji der verschiedenen Fischsorten drauf) und ein paar Tüten mit Furikake, das sind Geschmack gebende Streusel für gekochten Reis, zukommen lassen. Ich freue mich sehr darauf!

Wir haben Heiligabend unglaubliche Mengen Fleisch gegessen. Vielleicht haben wir auch keine unglaublichen Mengen gegessen, sondern einfach nur einen Rekordanteil gegenüber dem einsamen Stück Zucchini, das wie das Alibigemüse auf der Anrichte aussah. Angefangen hat das Ganze am Nachmittag, wo ich, einer alten Familientradition folgend, mit Grill, Holzkohle, und (untraditionellem) Fächer auf die verschneite Wiese raus stapfte, und ein Feuer entfachte, an dem wir dann zu dritt Würstchen im Baguette aßen. Abends ging es dann weiter mit einem Raclette und Rindfleisch. Ich hatte nach diesem Gelage keine Probleme, aber mir war die Tage danach nicht so wirklich nach Essen, schon gar nicht nach Fleisch.

Nichtsdestotrotz gab es am ersten Feiertag Raclette bei meiner Mutter, wo ich zu meinem Ruhme aber beinahe komplett vegetarisch nur drei Kartoffeln und eine Garnele gegessen habe.
Scheinbar wegen der Eigenbrödelei ihres Katers Pinot Noir (der sich nur selten dazu herablässt, sich anfassen zu lassen und seine Ernährung mit Kratzen und Beißen quittiert) hat sich meine Mutter zusätzlich einen Hund zugelegt, den sie “Maurice” nennt:

Eine frz. Dogge, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Sieben Monate alt, quicklebendig, begrüßt scheinbar jeden, als er habe der ihm bereits eine Menge Steaks mitgebracht. Mit dem Kater ist er fertig geworden, im Willensduell: Der Hund kommt ins Haus, entdeckt den Kater, und läuft mit seinem jugendlichen Schwung auf ihn zu. Im letzten Moment verliert Pinot die Nerven und flüchtet. Damit war die Hierarchie geregelt.

Tags drauf zu den Großeltern, der Großvater hatte angekündigt, auch dieses Jahr gemeinsam essen zu gehen. Zu meiner Überraschung hatte er allerdings ausnahmsweise ein Abendessen und kein Mittagessen reserviert, und dann auch noch in einer Pizzeria. Gibt es was noch hundsgewöhlicheres? Ich will mich nicht beschweren, ich wurde eingeladen und bin dankbar. Allerdings machte dieses Abendessen meinen sonst üblichen Plan zunichte, im Laufe des Nachmittags und in den Abend hinein meinen Vater zu besuchen. Den musste ich dann zwischen zwei Uhr und Viertel vor Fünf einschieben, um rechtzeitig für die Pizza zurück zu sein. Dort war das Essen vielversprechender: Ein Hase und eine Pute, mit Klößen und Soße. Ich aß einen Kloß und ein Stück Fleisch. Mehr wollte nicht. Außerdem würde ich zwei Stunden später schon wieder etwas essen. Als Gag zwischendurch probierte mein Bruder aus, ob seine Tochter nicht vielleicht ihren Onkel, das bin ich, ankotzen würde, aber sie hat es zu seiner Enttäuschung nicht getan. Ich verzeihe ihm, auch im Hinblick darauf, dass sie sich den Kopf an meinem Daumen angestoßen hat und darüber in Tränen ausbrach.

Und danach das Essen, das ich ganz bestimmt nicht brauchte: Pizza essen in Wittersheim. Ich weiß nicht, wie er auf den Laden gekommen ist. Scheinbar sind die Großeltern mal dort gewesen, aber das war zu einer Zeit, als da noch ein anderer Pächter den Betrieb führte. Wir wären auch normalerweise in das Bistro im gleichen Ort gegangen, aber auch dort hat der Pächter gewechselt, nachdem das alte Ehepaar, das früher verantwortlich war, sich mittlerweile im Ruhestand befindet. Der neue Chef dort bietet scheinbar nur ein einziges Menü an… ich weiß noch nicht mal, ob es gut oder schlecht ist, für den Großvater war das Grund genug, da nicht mehr hinzugehen. Ob er mal bedacht hat, dass auch die Vorpächter gerade mal zwei Menüs angeboten hatten, um Auswahl zu simulieren?
Egal, Pizzeria dann eben. Voll mit Leuten einer familiären Weihnachtsfeier. Gerade noch vier Plätze frei, von denen wir drei reserviert haben.
Blick auf die Speisekarte: Dieser Laden bietet vier Pizzen an. VIER.
Immerhin, es sind keine Standardkompositionen, sondern eigene Zusammenstellungen. Ich kann die Namen nicht alle widergeben, ich erinnere mich, dass eine den Vornamen des Wirts trug, und eine andere den Namen des Ortes. Abgesehen von dem, was auf jeder Pizza drauf ist, bot der Belag der “Pizza Wittersheim” Spiegelei und Lyoner. Ich wollte ohne Ei mit mehr Käse. Das Weglassen des Eis hat geklappt, aber wenn das, was da an Käse drauf war, “mehr Käse” war, dann muss da ursprünglich so gut wie gar kein Käse drauf sein. Na ja, das kann man essen, muss man aber nicht. Es ist nicht herausragend, aber zumindest auch nicht schlecht – zumindest für meinen in der Regel eher anspruchslosen Geschmack.

Kaum vom Fressen genesen, überfiel mich die Laune, mir eine Flasche Rum zu kaufen, und ich schwöre: Hätte ich nicht am 28. Dezember am späten Abend eine Dokumentation über eine “Zeitreise” gesehen, in der eine Gruppe von Leuten in der Rolle von Mägden, Knechten, und einem Knappen von einem “Burgvogt”, der garantiert mal Grundausbilder bei der Bundeswehr war, sechs Wochen lang durch das Jahr 1419 gescheucht werden, hätte ich an der Flasche vermutlich länger als nur neun Stunden gehabt. Es war einfach zu nostalgisch, den Typen reden zu hören.
Ich habe auch nur ganz wenig gekotzt, aber meine Freundin um die Nacht gebracht und den folgenden Tag zwangsweise wegen Erholungsbedarf völlig sinnfrei totgeschlagen, so dass ich erst am 30. Dezember wieder etwas mit mir anfangen konnte. Das werde ich auch bestimmt nicht wieder tun… ich bleibe beim japanischen Reiswein. Der macht schön high und hat keine solchen Nachwirkungen.

Zu Silvester hat Volker nach Heusweiler gebeten. Mit seinem Bruder, der gerade in Trier weilte, hätte ich vielleicht hinfahren können… aber die Nachwirkungen von 0,7 Liter zu 37,5 % waren mir dann doch noch zu stark, und wollte das Jahr lieber geruhsam ausklingen lassen.
Was auch gelang: Es ist unglaublich, wie viel Zeit man damit verbringen kann, mehrsilbige deutsche Substantive (keine nominalisierten Adjektive und auch keine Pluralformen!) zu finden, die auf “e” enden und nicht feminin sind.
Wenn die weitaus häufigeren femininen Substantive die Regel sind, dann sind neutrale und maskuline die Ausnahme. Neutrale haben wir nur eins gefunden, aber bei den maskulinen Substantiven finden sich Unterausnahmen von den Ausnahmen, und bei den Tierbezeichnungen gibt es Überschneidungen, deren Ursache man wieder für sich ergründen müsste.

Es bleibt noch, den Rest der Weihnachtssüßigkeiten nach und nach zu verdrücken und irgendwann in ein paar Tagen den Weihnachtsbaum aus dem Fenster zu schmeißen. Dieses Mal werde ich mir auch Mühe geben, die Außenantenne des Bewohners untendrunter, einen Draht vom Fenster zum Baum, den ich letztes Jahr unbeabsichtigt gekappt habe, zu verfehlen.