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Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

24. April 2024

Samstag, 24.04.2004 – Zielaufklärung

Filed under: Japan,My Life — 42317 @ 7:00

Ich bin ausnahmsweise wieder um 07:15 aufgestanden, um „SailorMoon“ sehen zu können. Melanie wird durch mein Aufstehen offenbar nicht gestört, also lasse ich sie liegen, wo sie doch dauernd über Schlaflosigkeit klagt. Außerdem wird die Sendung ja aufgezeichnet. Sie kann sie sich am Nachmittag ja ansehen.

Nachdem („Nicht-mehr-ganz-so-Evil-“) Merkur also SailorMoon niedergestreckt hat, geht sie in die Knie und bedauert ihr böses Tun. Soweit waren wir ja schon. Kunzyte teleportiert mit den beiden, aber Ami und Usagi landen in einer Art Wald an einem Wasserfall. In der Nähe stehen zerbrochene Gipsstatuen herum (wie Marmor sehen die wirklich nicht aus). Sie werden von drei Yôma angegriffen, können sich aber nicht verwandeln – also müssen sie davonlaufen und auf bessere Zeiten hoffen. In diesem Miniuniversum läuft man scheinbar ständig im Kreis, sie kommen immer wieder zu den Statuen zurück. Scheint ein wenig an eine Episode der vierten Staffel der Animeserie angelehnt.
Makoto und Rei durchsuchen mittlerweile das Gebäude, das sich im Vorfeld bereits als das Verbindungsglied zwischen Negaversum und Erde herausgestellt hat, und finden ein Portal in der Eingangshalle, wo sie auf magische Art und Weise zuletzt hingelangen – nachdem sie die Eingangstür des Gebäudes durchschritten hatten, waren sie in der Tiefgarage gelandet, wie es scheint.
Ami und Usagi kommen also zurück, Minako stößt dazu und sie kämpfen auf die übliche Art und Weise gegen Kunzyte und seinen Yôma. Wohlgemerkt: Es ist nur einer, obwohl Kunzyte noch kurz vorher gleich drei auf den „Spielplan“ gestellt hatte. Ich gelange immer mehr zu der Überzeugung, dass es nur einen Darsteller für die Yôma gibt. Obwohl… recht nahe am Anfang der Geschichte auch mal drei (identische) gleichzeitig aufgetaucht waren.
Wie dem auch sei, der Yôma wird durch die neue Sammelattacke (durch die bereits erwähnten Power-Ups ermöglicht) gesprengt und Kunzyte zieht sich zurück – um einen Augenblick später hinter Merkur aufzutauchen und sie mit einem Schwerthieb in zwei Hälften zu spalten!

Aber der Versuch misslingt! Natürlich… und ich habe die Vorzeichen richtig gedeutet: Nephlyte fängt den Schlag mit seiner eigenen Waffe ab und rettet Merkur. Nachdem Kunzyte verschwunden ist, bedenkt er sie mit einem sehnsüchtig-traurigen Blick und teleportiert ebenfalls.
So läuft das also… es könnte also passieren, dass die Senshi die Generäle nach und nach, einen nach dem anderen, „umdrehen“. Zoisyte hat die Seiten ja bereits gewechselt; und er verkehrt trotzdem immer noch frisch-fromm-fröhlich-frei im Negaversum, obwohl ich eigentlich annehmen müsste, dass man gerade in solchen Organisationen nicht zimperlich mit Verrätern umgeht.

In der kommenden Episode taucht eine Rivalin für Minako auf – zumindest was Volleyball und Fans angeht. Und die sieht noch verstrahlter aus als Minako selbst! Ich hätte nicht gedacht, dass das möglich ist, aber die junge Dame hier kommt mir vor, als hätte sie gerade eine Wurmkur hinter sich. Der Name der Darstellerin ist Arisa, und Informationen aus dem Internet zu folgen, ist sie eine halbe Amerikanerin. Meine Güte… ihre Visage ist für die Rolle der bösen Hexe wie geschaffen…

Ah ja: Habe ich das Wetter bereits erwähnt? Gestern Abend hat es noch einmal geschneit. Heute Morgen liegt immer noch eine dünne Schneedecke auf den Dächern. Der Winter ist nicht sehr hart, aber er hält sich zäh. Um 08:15 kommt die Sonne erstmals durch die Wolken und sofort beginnt die große Schmelze. Aber ich mache mir keine großen Hoffnungen auf einen sonnigen Tag, dafür ist mir der Himmel zu verhangen.

Ich gehe in die Bibliothek, aus allgemein bekannten Gründen. Ich spiele auch wieder zwei Stunden Combat Mission. Ich verlasse die Bibliothek um 16:20 und fahre nach Süden, um die hiesige Kaserne ausfindig zu machen. Da soll ein „Tag der Offenen Tür“ stattfinden – Dr. Jin hat mir eine Landkarte geschickt, allerdings ohne Angabe eines Maßstabs. Er meinte dazu, der Stützpunkt sei „ein bisschen weit“, was nach meiner Erfahrung mit Japanern lediglich aussagt, dass der Zielort mehr als zwei Kilometer vom Ausgangspunkt entfernt ist.
Und das ist auch der Fall. Nach 15 Minuten äußerst gemütlichen Fahrens (gemessen ab meiner Haustür) stehe ich vor der Kaserne, vor der bereits ein Hinweisschild angebracht ist, das auf die morgige Veranstaltung hinweist. Ich habe das Gelände auch bei meiner letzten Tour bereits bemerkt, aber den Wachposten am Eingang übersehen, weshalb ich dachte, das Gelände sei eine (etwas heruntergekommene) Schule.
Ich folge der Straße weiter und halte die Augen nach dem „Tausend Jahre Park“ offen, der mir letztes Mal entgangen ist. Nach einem weiteren Kilometer finde ich das Gebäude. Es macht auf den ersten Blick auf mich den Eindruck eines Seniorenheims, und die Entzifferung des Torschildes sagt mir, dass es sich um ein Heim für körperlich behinderte Menschen handelt.
Ich fahre weiter in Richtung Stadt zurück, biege aber eine Straße früher ab und lande so direkt vor meiner Haustür. Aber erst muss ich noch was zu trinken kaufen, wenn ich nicht auf den Wasserhahn umsteigen will, was mir sogar hier auf dem Land nicht sonderlich zusagt.

Um 18:00 fahre ich mit Melanie zum Park und ich ziehe vorsorglich meine Winterjacke an, weil es nach Anbruch der Dunkelheit ziemlich kalt zu werden verspricht. Wir wollen von dem Blütenfest noch mehr sehen, außerdem soll es musikalische Vorführungen auf einer kleinen Bühne geben. Natürlich gibt es wieder viele, viele feierliche Fressstände, die alle äußerst unfeierliche Preise haben. Da drüben sehe ich z.B. „Ikayaki“, gebratenen Tintenfisch, für 500 unverschämte Yen pro Portion. Melanie kauft sich ein weiteres „One Piece“ Poster, während wir die Stände abwandern. Da steht ein „Motorradzirkus“, in dem man sich offenbar Kunststücke ansehen kann, und in dessen Nähe gibt es sogar eine Art Geisterbahn, die man zu Fuß durchquert. Ich erinnere mich noch äußerst lebhaft an das alles andere als spannende Konstrukt, das ich damals in Trier gesehen habe, als wir mit Melanies Onkel und dessen Kumpan das Volksfest besucht haben und verzichte auf ein weiteres Erlebnis dieser Art. Ansonsten gibt es hier Donuts mit Kaffee, Fahrgelegenheiten für Kinder, Goldfisch-Schöpfen, kleine Schildkröten, Anime Merchandising jeder Art, Wahrsagerinnen, lokale Kulturprodukte, Kristallgestein, und schließlich auch besagte Bühne, auf der eine Laientruppe (ebenso lebhaft wie liebevoll) „traditionelle“ Tänze und Gesänge zum Besten gibt, die höchstens 400 Jahre alt sind. Keiner der Zuschauer ist jünger als 40 Jahre, bis sich schließlich zwei Leute dazugesellen, die ich aufgrund ihres westlichen Aussehens und ihrer markanten Frisur über dem athletisch anmutenden Körperbau für US-Soldaten halten muss. Es sind heute überhaupt sehr viele von der Sorte anwesend. Sonst sieht man kaum welche in Hirosaki, abgesehen von Studenten. Aber der Großteil der hier vertretenen Ausländer ist definitiv vom Militär. Wir stehen etwa eine Stunde vor der Bühne herum und mir schleicht die Kälte in die Glieder. Ich ziehe es vor, wieder nach Hause zu gehen.

Ein Stück neben der Bühne wird – ich glaube es kaum – Döner Kebab verkauft. Man hat mir schon einiges über die indischen Einflüsse erzählt, unter denen Kebab in Japan leiden soll, also sehe ich mir den Stand an, vor dem die Leute Schlange stehen. Für was also genau? Dem Geruch nach zu urteilen, wird hier tatsächlich Lammfleisch verwendet. Das ist schon mal nicht schlecht. Ich sehe den beiden Jungs kurz zu und es haut mich doch glatt aus den Stiefeln: Für 500 Yen (knapp 4 E) bekommt man hier ein halbes (!) Fladenbrot, in das gerade so viel Fleisch gelegt wird, dass man es für einen besseren Brotbelag halten möchte – und das ist alles. Kein Kraut, kein Salat, kein Schafskäse, keine Peperoni, keine Soße. Nur eine Alibiportion Fleisch. Mehmet erbarme Dich unser! Da warte ich lieber, bis ich wieder in der Heimat bin.

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