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Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

31. März 2024

Mittwoch, 31.03.2004 – Chemokuchen

Filed under: Japan,My Life — 42317 @ 7:00

Ich stehe früh auf, gehe ins Center… und finde nichts Neues vor. In jedem Sinne. Zumindest noch nicht. Ich erhalte die Meldung, dass die letzte Episode der Realserie „Taiho-shichau zo!“ („You’re under Arrest!“) binnen der nächsten sieben Stunden da sein kann. Ich bleibe also vor diesem Rechner sitzen – so kurz vor dem Ziel soll mir nichts dazwischenkommen.

Ich schreibe währenddessen drei Berichte, versende sie aber noch nicht, weil mir die Informationen der “Weltchronik“ hier nicht zur Verfügung stehen. Aber immerhin sind die Berichte geschrieben, und darauf kommt es letztendlich an. Ich schreibe wahrscheinlich sowieso schneller, als irgendjemand lesen will.

Am Nachmittag gehe ich zu Sawada-sensei, und frage sie, ob das Stipendium eine Art Notfallfond beinhalte, für den Fall, dass ein naher Verwandter sterbe und man vielleicht das Begräbnis besuchen möchte. Diese Frage wird verneint. Selbst in einem solchen Fall müsse man selbst für die Kosten aufkommen – mit meinem Budget könnte ich das vergessen.

Wenige Stunden später ist „Taiho shichau zo!“ komplett verfügbar und ich brenne die Daten auf Daten CDs.
Abends lese ich weiter in „No Comebacks“ von Forsyth und bin weiterhin froh, diesen Autor gefunden zu haben.

Melanie hat eine Serie mit dem Titel „Antique“ ausgeliehen. Es geht dabei um eine Art Café-Konditorei dieses Namens, und die Leute die da arbeiten oder essen. Der Chef des Ladens hasst Torten, weil er als Kind reicher Eltern einmal entführt worden und während dieser bangen Zeit nur mit Kuchen gefüttert worden war. Seitdem hat er eine Art Leibwächter (gespielt von Abe Hiroshi, der in „TRICK“ die Rolle des Autors Ueda hatte), der den Kellner mimt. Der Konditor selbst ist genial, wenn es um innovative Designs für Torten geht, aber er scheint ein Problem mit Frauen oder seiner Familie zu haben. Der Lehrling des Konditors ist eigentlich ein recht erfolgreicher Leichtgewichtsboxer… weil er aber Kuchen und Torten liebt, hat er den Beruf gewechselt. Ein Herr im Anzug, um die 40, kommt täglich in den Laden und kauft ausschließlich die neuesten Kreationen, deren ultra-lange Beschreibung der Chef von einem Spickzettel abliest, den er in seiner Handfläche versteckt hält und dabei vorgibt, alles auswendig aufzusagen. Ein junger Mann kommt eigentlich nur, weil er weiß, dass Frauen auf Kuchen stehen und er gerne eine kennen lernen würde, und seine Auserwählte kommt öfters her, sieht die Kuchen an und verlässt dann fluchtartig den Laden wieder – weil sie früher dick war und sich nicht mehr traut, etwas solches zu essen.

Die Serie ist lustig, mit einer Portion Romantik und einer ganzen Wagenladung an Torten und Kuchen, die für mich nicht essbar aussehen – es handelt sich um kitschige Kunstwerke aus essbaren Materialien, ja, aber die Produkte sehen für mich so richtig chemisch aus. Die hiesigen Konditoreien sind voll von dem Zeug… aber einen ganz gewöhnlichen, süßen 08/15 Rahmkuchen muss man mit der beharrlichen Akribie eines Sherlock Holmes suchen (die mir völlig fehlt). Aber auch etwas Tragik fehlt in der Serie offenbar nicht. Da kommt ein Mädchen mit ihren Eltern in den Laden, vielleicht 12, und ist überglücklich, dass sie eine eigene Torte kreieren darf, die dann auch noch schmeckt. Und zwei Wochen darauf kommen die Eltern noch einmal vorbei, bedanken sich für das Lachen ihrer Tochter und teilen mit, dass sie letzte Woche an einem längeren Leiden verstorben sei. Was ist denn das? Das zerstört doch die ganze Stimmung… ach Mensch…

Ich fühle mich am Abend etwas erschlagen und gehe relativ früh ins Bett.

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