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Aus dem noch unerforschten Inneren meines Schädels

16. Januar 2024

Freitag, 16.01.2004 – Prüfungstag

Filed under: Japan,My Life,Uni — 42317 @ 7:00

Heute finden an der Universität breitangelegte Prüfungen statt, mit denen ich aber nicht viel zu tun habe. Es handelt sich um die Eingangsprüfungen der Hirosaki Daigaku. Das bedeutet, dass Hunderte von Oberschülern herkommen, um sich auf ihre „HiroDai Eignung“ prüfen zu lassen, und die Prüfungen dauern ein paar Tage, wie mir scheint. Das ganze Wochenende? Ich gehe also nur zur Universität, um meine Berichte zu schreiben. Immerhin erreiche ich heute die Marke vom 23.12., das Gros des Besuchs in Tokyo steht noch bevor.

Um 17:20 sehe ich BiRei an einem der Arbeitsplätze ohne Computer und schaue mal vorbei. Sie liest einen vom Umschlag her sehr schmalzig anmutenden Liebesroman. Meine Güte, warum liest sie das? Weil ihr schmalzige Liebesgeschichten gefallen, sagt sie. Na denn.

Um 17:40 wollte ich eigentlich nach Hause gehen, aber wie so oft stolpere ich kurz davor im Internet über diverse Artikel, deren Auffinden ich, äh, gewissermaßen provoziert habe. Es handelt sich um Abhandlungen über Taktiken für das Spiel „Combat Mission“. Die müssen also erst einmal gespeichert werden. Und weil ich in der „Gegend“ bin, erzählt mir die Hauptseite von Battlefront.com gleich auch das allerbeste vom Tage: Von „Combat Mission“ gibt es inzwischen einen dritten Teil, „Combat Mission Afrika Corps“ (kurz CMAK).
Der erste Teil („Beyond Overlord“) deckte die Kampagnen im Westen vom Tag der Landung in der Normandie im Juni 1944 bis zu Kapitulation im Mai 1945 ab, der zweite Teil („From Barbarossa to Berlin“) behandelte die Ostfront im Zeitraum vom Einmarsch in die Sowjetunion bis ebenfalls zum Zusammenbruch im Mai 1945, während der dritte Teil sowohl die Kämpfe in Nordafrika von Tripolis bis nach El Alamein und zurück nach Tunis, als auch die gewagte und blutige deutsche Landung auf Kreta und die Schlachten nach der alliierten Invasion Italiens bis zur „Gotenlinie“ zum Thema hat.
Uh ja, das muss ich haben. Aber der Preis liegt derzeit bei 35 Dollar, und bei E-Bay wird das Spiel für 25 E und mehr gehandelt. Nee, nee. Ich habe Zeit. Bis ich in der Lage bin, mir das Spiel kaufen zu können, wird der Preis wohl deutlich unter 20 E gefallen sein. „Beyond Overlord“ wird inzwischen auch schon für 5 E gehandelt, etwa zwei oder drei Jahre nach seinem Erscheinen.

Jedenfalls halte ich mich mit derlei Dingen bis 19:00 auf. Melanie nimmt mir „Doraemon auf, für Atashi’n’chi bin ich früh genug zuhause. Entgegen unserem eigentlichen Plan sehen wir uns um acht Uhr nicht Oku-sama wa Mahôjin an. Es handelt sich dabei um die japanische Version von „Bewitched in New York, wo sich ein Geschäftsmann plötzlich mit einer sympathischen Hexe als Ehefrau und einer widerspenstigen Schwiegermutter aus demselben Metier gesegnet sieht. Der Untertitel lautet auch schon Bewitched in Tokyo. Also, das Konzept ist seit Bezaubernde Jeannie ja schon nicht mehr originell, spätestens. Wir entscheiden uns für Kaze no Tani no Nausicaä. Es sollte schwer sein, diese Wahl zu bereuen, da Studio Ghibli immer ein Garant für gehaltvolle Unterhaltung ist. Wir verpassen dann eben die ersten 20 min von „Skyhigh 2.

Wir haben für Skyhigh bereits vor Wochen Werbung gesehen, und wir gingen damals davon aus, dass es sich um einen Film handele. Aber wir haben nach der Werbung nie wieder was davon gehört, und auch eine gründliche Untersuchung der TV-Zeitschrift lieferte keine Beweise, dass er jemals ausgestrahlt worden war. Die Werbung zeigte ein dunkles Steintor in einer finsteren Umgebung, Schwertkämpfe und versprach Spannung. Aber die Sendung blieb unauffindbar. Jetzt haben wir ab heute also Skyhigh 2. Es handelt sich hierbei um eine Serie. Trotz einiger Verständnisschwierigkeiten ist es relativ einfach, der Handlung zu folgen. Man bemerkt die Manga-Grundlage. Zunächst einmal ist da Izuko. Sie ist die Wächterin des Tores zwischen der Welt der Lebenden und der Welt der Toten. Und wie es scheint, geht es um Seelen, die entweder noch was zu tun haben, oder aus einem anderen Grund hier vor dem Tor eine Entscheidung treffen müssen. (Die Seite Jdorama.com wird mir später verraten, dass es sich um das Tor des Hasses handelt, wo alle Leute Zwischenstation machen, die auf nicht natürliche Art und Weise umgekommen sind und nun Gelegenheit erhalten, es dem Schuldigen heimzuzahlen.)

Heute stehen vier Personen vor dem Tor. Ein alter Mann, eine Art Gangster, und zwei kleine Mädchen im Vorschulalter. Alle haben gemeinsam, dass sie bei einem Busunglück ums Leben gekommen sind. Natürlich wissen die Leute erst einmal nicht, dass sie tot sind. Daraufhin legt ihnen Izuko die Umstände ihres Todes dar und warum sie hier sind. Es stellt sich heraus, dass der Busfahrer alkoholisiert war und wegen dieser Sache auch nicht viel Reue zeigt. Der alte Mann ist bereits Witwer, der Gangster lässt auch niemanden zurück, an dem ihm viel liegt, aber die Eltern der beiden Mädchen sind – gelinde gesagt – entsetzt und befinden sich in einem entsprechend verzweifelten Zustand. Der Vater versucht sogar, den Busfahrer zu töten, schafft es aber nicht.

Während die beiden Mädchen vor dem Tor mit Wachsstiften munter vor sich hin malen, stellt Izuko die beiden Männer vor die Auswahlmöglichkeiten, die sich ihnen bieten:
Erstens können sie einfach beschließen, die Sache auf sich beruhen zu lassen und in den Himmel gehen. Das bedeutet in dem hier gegebenen Kontext, dass sie sich auf die Wiedergeburt vorbereiten können.
Zweitens können sie als Geister bis in alle Ewigkeit auf der Erde wandeln.
Drittens können sie sich für „Noroi Korosu“ entscheiden. „Noroi“ ist ein Wort, dass man in der Horrorabteilung von Videotheken hier häufig findet. Es heißt wohl „verflucht“. „Korosu“ heißt „töten“. Im Klartext bedeutet es, dass die Geister der Toten die Möglichkeit bekommen, die Person zu töten, die für ihren Tod verantwortlich ist – das wäre im heutigen Fall der Busfahrer. Diese Option führt allerdings unweigerlich in die Hölle. Deswegen „noroi“.
Jetzt mag man darüber streiten, warum der Lebenswandel offenbar unwesentlich für Himmel oder Hölle ist – der Gangster war bestimmt kein „ehrbarer Bürger“ im Sinne einer vertretbaren Ethik und Moral. Es kommt anscheinend nur darauf an, wie man sich hier vor dem Tor entscheidet. Ob dann alle, die auf natürliche Art und Weise sterben, unweigerlich in den Himmel kommen, wird nicht gesagt, oder zumindest hätte ich es nicht verstanden.

Der Gangster entscheidet sich dazu, in einem wenig überzeugenden Weihnachtsmannkostüm während einer Art Vorführung in dem Kindergarten der beiden Mädchen zu erscheinen und den Eltern und Kindern die Bilder zu bringen, die die beiden Mädchen vor dem Tor gemalt haben. Es scheint übrigens so, dass dieser Kindergarten eine Art Schnittstelle ist. Jeder, der von dem Tor kommt, um die Umstände nach seinem Ableben zu untersuchen, taucht, unsichtbar, in diesem Kindergarten auf. Nur einer der Jungen dort kann die Personen sehen (der junge Schauspieler ist derjenige, der zuletzt Daigorô, den Sohn des Ronin Ogami gespielt hat), und ich frage mich, wie lange es noch dauert, bis man ihn in eine Klapsmühle einliefert, weil er dauernd Leute sieht, die offenbar nicht da sind.

Der alte Mann währenddessen erscheint in der Zelle, wo der Busfahrer seine Untersuchungshaft verbringt, und verteilt ihn an der Wand. Der Gangster steigt mit den beiden Mädchen an der Hand die Treppe zum Himmel hoch. Der alte Mann erscheint nicht mehr, man kann also nur stark vermuten, dass er die Treppe in die andere Richtung nehmen muss. Was umso trauriger ist, weil er sich, wie ich später lese, eigentlich auf ein Wiedersehen mit seiner Frau gefreut hat, die im Himmel auf ihn wartet.

Das ist auch etwas, was ich mir weiter ansehen werde. Die Geschichten sind interessant und spannend, und außerdem sieht Shaku Yumiko (Izuko) gut aus, ihre Ausstrahlung allgemein scheint mir wie gemacht für diese Rolle. Ich würde sie sofort für die Rolle der SailorPluto vorschlagen. Die melancholische Aura kann sie gut rüberbringen.

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